Bochum. Essener Architekten gewinnen den Ideenwettbewerb zum Umbau des Schulzentrums in Gerthe. Gebäude soll auf Veränderungen reagieren können.

Schüler im Schulzentrum Gerthe verschollen. Diese Meldung hat es bislang nicht gegeben. Architekten im Schulzentrum Gerthe verschollen natürlich auch nicht. „Aber wir haben nach zwei Minuten etwas die Orientierung verloren, als wir im alten Gebäude waren, um uns vor Ort ein Bild von den beiden Schulen und den Gebäuden zu machen“, sagen Arndt Brüning und Julian Büchter. Die beiden Essener Architekten haben den Architektur-Wettbewerb zum Um-, beziehungsweise Neubau des Schulzentrums Gerthe gewonnen. Dass ihr Siegerentwurf den Abriss des alten Gebäudes vorsieht, hat aber nichts mit einer möglichen Unübersichtlichkeit zu tun.

Fachjury sichtet elf Entwürfe

Elf Entwürfe hatte sich eine Fachjury angesehen. Zehn davon sahen vor, die alten Gebäude zumindest teilweise zu erhalten. Das hätte vor allem eins bedeutet: eine lange Bauzeit. Dass die Jury sich am Ende des Tages für die Essener Idee entschied, lag deshalb vor allem daran, dass sie einen kompletten Neubau planen. Sie wollen einen 220 Meter langen Bau entlang der Heinrichstraße. 14 000 Quadratmeter Fläche für beide Schule sollen verbaut werden. Das entspricht zwei Fußballplätzen. Ein kompletter Neubau aber verringert die Bauzeit eben erheblich. Oder wie es Arndt Brüning sagt: „Uns war wichtig, dass die Bauzeit so wenig kompliziert wie möglich ist.“ Stimmt der Rat der Stadt den Plänen zu und gibt die Finanzierung frei, könnten die Schulen möglicherweise bereits Ende 2021 umziehen. Mindestens 50 Millionen Euro wird der Neubau nach Schätzungen der Stadtverwaltung kosten. Die Anschubfinanzierung von 15 Millionen Euro kommt aus dem Landesprogramm „Gute Schule 2020“. Die hat der Rat bereits freigegeben.

Zwei Schulen in einem Gebäude

Ein gute Schule soll es dann auch werden. Besser gesagt zwei gute Schulen in einem Gebäude. Das Heinrich-von-Kleist-Gymnasium und die Anne-Frank-Realschule teilen sich den Standort. „Das spielte auch mit in unsere Überlegungen rein“, sagt Julian Büchter. „Da sind zwei Schulen. Wie gehen die zusammen? Und wir wissen ja jetzt noch nicht, wie sich die Schulen entwickeln werden. Verliert die eine Schule Schüler, wächst die andere Schule? Wir brauchten eine Lösung für die Aufgaben vor Ort.“

Die Lösung sieht für die Essener so aus, dass es verschiebbare Abtrennungen gibt. „Das Gebäude ist in der Lage, auf Veränderungen zu reagieren“, sagt Brüning. „Aber wir wollen ein Gebäude als Symbiose der beiden Schulen.“

Wichtig sei zudem der Wohlfühlfaktor, die Aufenthaltsqualität. Es wird eine große Mensa geben, einen Park, der auch vom Stadtteil mit genutzt werden soll, Lichthöfe, eine Dachbebauung und die Möglichkeit für die Schüler, dezentral über eines der fünf Treppenhäuser ins Gebäude zu kommen. „Das Gebäude steht und fällt mit den Nutzern“, sagt Julian Büchter. „Gerade die Schüler müssen sich wohlfühlen. Sie müssen das Gefühl bekommen, dass es ihr Haus, ihr Gebäude ist. Dann gehen sie auch anders damit um.“

>>Wunderbares Zeichen für den Strukturwandel

Um Menschen von Entscheidungen zu überzeugen, werden sie im besten Fall mit viel Überzeugung vorgetragen. Das hat Eckart Kröck getan. Der Siegerentwurf Essener Architekten im Wettbewerb um den Neubau des Schulzentrums Gerthe, sagte der Leiter des Amtes für Stadtplanung und Wohnen, sei „mutig“, die Architektur des Neubaus sei „unheimlich einfach“ und zugleich „höchst kompliziert“.

Das erklärte er vor zwei Wochen zunächst den Schülern, Lehrern und Eltern der Anne-Frank-Realschule und des Heinrich-von-Kleist-Gymnasiums. Die beiden Schulen teilen sich das Schulzentrum in Gerthe. Tags darauf machte er das bei der öffentlichen Präsentation des Siegerentwurfs.

Wichtig aber ist ihm, dass der Neubau des Schulzentrums eben nicht nur für die Schulen und Schüler enorme Veränderungen, vor allem Verbesserungen mit sich bringen wird. „Wir zeigen damit“, sagt er, „dass wir das Thema Bildung auch im Stadtteil wichtig nehmen und nicht nur an der Ruhr-Uni. Aber darüber hinaus ist der Neubau auch städteräumlich und städtebaulich sehr wichtig. Das ist ein wunderbares Zeichen für den Strukturwandel.“ Früher sei der Stadtteil Gerthe von der Zeche Lothringen geprägt gewesen. Die Zeit sei lange vorbei. „Das neue Schulzentrum mit seinem langen Bau entlang der Heinrichstraße ist das Pointierte, das Gerthe sein kann. Es trifft sich alles an der Heinrichstraße, der schönsten Straße Gerthes.“