Bochum. . Antonio Tajani, Nachfolger von Martin Schulz als EU-Parlamentspräsident, will Afrikanern Perspektive bieten. Migration sei „schwieriges Thema“.
Die Migrationskrise sei ein ausgesprochen schwieriges Thema, sagt Antonio Tajani. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Nachfolger von Martin Schulz, war am Donnerstagabend zu Gast in der Christuskirche. In seiner knapp einstündigen Rede legte er den Schwerpunkt auf das große Thema Zuwanderung. Wichtig sei jetzt eine Partnerschaft mit Afrika, die den jungen Afrikanern Perspektiven eröffne. „Sonst kommen bald nicht mehr Tausende, sondern Millionen. Wir müssen unverzüglich handeln!“
Migration, Arbeitslosigkeit und Terrorismus
Der Einladung zur Diskussionsrunde im Rahmen der Reihe „Herausforderung Zukunft“ gefolgt waren neben Tajani der ehemalige Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, das dienstälteste Mitglied des Europäischen Parlaments Elmar Brok und die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes. Die Moderation übernahm Michael Krons, Programmchef von Phoenix. Motto des Abends war „Quo vadis, Europa?“ (Wohin gehst du, Europa?).
Als drängendste Themen erkannte Tajani neben der Migration Arbeitslosigkeit und Terrorismus. Während die Zahl der Erwerbslosen in Europa auf dem tiefsten Stand seit 2008 sei, müsse sich Europa nun stärker der Terrorismusbekämpfung zuwenden. Ihm schwebe eine Art europäisches FBI vor. Erste Maßnahmen seien bereits ergriffen, so werde an einer besseren Vernetzung der Behörden gearbeitet.
„Wir brauchen mehr Politiker und weniger Bürokratie“
Tajani beklagte auch die Schwerfälligkeit Europas: „Wir brauchen mehr Politiker und weniger Bürokratie.“ Auf das Thema Handel ging er nur kurz ein und meinte süffisant: „Wir brauchen in Europa nicht mehr chinesischen Stahl, sondern mehr chinesische Touristen.“ In der anschließenden Podiumsdiskussion beklagte Elmar Brok eine „Bestandsangst, die das Entstehen nationalistischer Parteien stärkt“.
Norbert Lammert erkannte die mangelnde Wahrnehmung des Europäischen Parlaments in der breiten Bevölkerung. Trotzdem zeigte er sich „beeindruckt von der Arbeit des Parlaments“. Es müsse stärker darauf hingewiesen werden, dass Europa mehr sei als die Vertretung nationaler Interessen. Die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes pflichtete in perfektem Deutsch bei, stellte aber einen „besorgniserregenden Euroskeptizismus in der Bevölkerung“ fest. Die flau besuchte Veranstaltung machte den Reformwillen der Teilnehmer und ihre Europa-Überzeugung deutlich. Und: Quo vadis? Diese Frage blieb unbeantwortet.
>>> Loyaler Gefolgsmann von Silvio Berlusconi
Antonio Tajani hat 2017 die Nachfolge von Martin Schulz als Präsident des EU-Parlaments angetreten. Der gebürtige Römer ist Jurist, arbeitete als Zeitungsredakteur und gehört der konservativen Partei Forza Italia an.
Er gilt als loyaler Gefolgsmann des Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Von 2008 bis 2014 war er Mitglied der Europäischen Kommission, zunächst als EU-Kommissar für Verkehr, dann für Unternehmen und Industrie.