Hamme. Die Autobahnkirche in Hamme wird zum Tanzsaal, wenn sich bis zu 40 Disco-Fox-Tänzer im Gemeindesaal treffen. Unterm Kreuz wird munter geschwoft.
„Der liebe Gott liebt Schlager.“ Jutta Großer glaubt fest daran. Und ergänzt: „Helene Fischer liebt er auch.“ Die ist bei ihren Anhängern eine Göttin ganz eigener Art, hier, in der Autobahnkirche, die sich alle zwei Wochen in einen Tanzsaal verwandelt. Disco-Fox unterm Kreuz: In Hamme macht das Schwofen himmlischen Spaß.
Matthias Grigo ist mit seiner Partnerin Jutta Großer (45) Wegbereiter des Tanztreffs an der Dorstener Straße. Beruflich ein Mann der Zahlen (als Freiberufler arbeitet er im Gebäudemanagement der Stadt Wuppertal und als Berater für Existenzgründer), frönt der 55-Jährige in seiner Freizeit seinem großen Hobby: dem Tanzen. Alles begann 2006 mit einem Kurs auf den Kemnader Seeterrassen, den er zunächst als Tanzschüler besuchte und alsbald leitete. Herne markierte die nächste Station seiner Tanzabende. Über einen Gast stieß er im Herbst 2016 auf die Epiphanius-Autobahnkirche in Hamme. „Ich fragte den Pfarrer, ob er etwas dagegen hätte, wenn bei ihm getanzt wird. Hatte er zum Glück nicht.“
An zwei Monaten im Monat
Im Gemeindesaal im Keller, mit Blick auf ein massives Kreuz an der Wand, heißt es seither an zwei Montagen im Monat: Darf ich bitten? Wobei: Bitten lassen muss sich kaum einer der bis zu 40 Tänzerinnen und Tänzer. Meist Ü 50. Der älteste 82. Gelsenkirchen, Recklinghausen, Duisburg, Kleve: Die Anreisen sind mitunter lang, die Startphase kurz. Frohgemut strömen die Fox-Virtuosen von den Tischen mit Knabbergebäck aufs Parkett. Von „Warum hast du nicht nein gesagt“ bis – klar doch – „Atemlos“: Schlager geht immer, wissen Matthias Grigo und Jutta Großer, die zusätzlich Drei-Stunden-Workshops Disco-Fox und Westcoast Swing für Anfänger und Fortgeschrittene anbieten. Offenbar mit Erfolg: Kunstvoll kommen die Drehungen und Figuren daher.
Dass man sich näher kommt, ist ein durchaus erwünschter Nebeneffekt. „Hier gibt es zwar auch Paare. Aber die Mehrzahl sind Singles. „Manche haben sich bei uns schon kennen und lieben gelernt“, sagt Matthias Grigo und spricht von einer „echten Marktlücke“ in Bochum. „Für die ältere Generationen sind nach der Schließung des Taufenbachs als Ausgehtreffs nur noch der Prater und das New Orleans übrig geblieben.“ Dabei gebe es so viele Junggebliebene, die – wie heißt es so schön antiquiert – gerne noch das Tanzbein schwingen.
Ab 23 Uhr herrscht wieder Stille
Bei Matthias und Jutta gehe es dabei stets freundlich und familiär zu, schwärmt Marita Grabietz, die regelmäßig mit ihrem Tanzpartner kommt. „Und bezahlbar ist es auch.“ Sieben Euro kostet der Eintritt. Getränke gibt’s für zwei Euro.
Bis 23 Uhr wird geschwoft. Dann herrscht wieder andächtige Stille in der Autobahnkirche. Matthias Grigo ist zufrieden. Der Abend ist gut gelaufen. „Wir haben sogar Männer-Überschuss.“ Das ist selten. Meist sind die Kerls in der Minderheit. Liebt ja nicht jeder Helene. Außer dem lieben Gott natürlich.
>>>>>Tänzer freuen sich über Verstärkung
Die Tänzer freuen sich über Verstärkung. Geschwoft wird an der Dorstener Straße 263 an jedem ersten und dritten Montag im Monat ab 19 Uhr.
Wer als Single oder Paar mit dabei sein will, kommt direkt in die Kirche oder meldet sich unter 0177/839 65 01. Alle Infos auf www.discochart-dreams.de.