Bochum. . Martina von Boxen gelingt ein starker Horváth-Abend in den Kammspielen. Folkwang-Schauspielschüler zeigen, was sie können.

Düster und geheimnisvoll ist die Atmosphäre in „Jugend ohne Gott“, das am Freitag in den ausverkauften Kammerspielen Premiere hatte. In gut eineinhalb Stunden entwickelt sich ein beklemmendes Spiel zwischen Ohnmacht und Obsessionen, das in seiner Holzschnittartigkeit dem Autor Ödön von Horváth sicher gefallen hätte. Regisseurin Martina van Boxen hat den Ton des Textes exakt getroffen.

In „Jugend ohne Gott“ zeichnete Horváth am Beispiel einer namenlos gewordenen Generation Jugendlicher 1937 den Verlust von autonomem Denken auf. Damals war es die Nazi-Gesinnung, die Werte und Wahrnehmungen umgekehrte. Ohne diese Grundstimmung explizit aufzunehmen, werden – etwa durch Details der Kostüme – Verweise auf die Zeit der Diktatur hergestellt. Deutlich wird aber, dass engstirniges Denken (auch jenseits des Politischen) immer unbekömmlich für den Humanismus ist. Und dass die Gefahr, aus Prinzipienreiterei heraus unmenschlich zu handeln, auch heute noch existiert.

Klappen im Bühnenboden

„Jugend ohne Gott“ ist die diesjährige Koproduktion des Schauspielhauses mit dem Studiengang Schauspiel der Folkwang Universität, neben dem Ensemblemitglied Martin Weigel als Lehrer stehen ausschließlich Schauspielschüler auf der Bühne. Sie meistern ihre namenlosen Rollen, die von der smarten Verführerin bis zum bellenden Feldwebel reichen, punktgenau und mit großer Lust an der Darstellung. Im hermetischen Bühnenbild (Michael Habelitz) entfaltet sich das in einem Mord gipfelnde Mit- und Gegeneinander von Klassenkameraden und Pädagogen wie in einem Setzkasten der Vergeblichkeit.

Starke Bühnenwirkung auch durch die Lichtregie

Mittels Klappen im Bühnenboden werden Szenen- und Stimmungswechsel hergestellt, mit reduzierten Mitteln eine starke Bühnenwirkung erzielt. Gerade auch die Lichtregie (Bernd Kühne) ist dabei hilfreich.

Wo Horváth über die Innensichten der Figuren Hinweise für geistige Einengung liefert, knüpft der Choreograph Arthur Schopa mit gestischem Material an. Bewegungselemente und -bilder spielen eine ebenso große Rolle wie der atmosphärische Live-Soundtrack, den Manuel Loos mit dem Ensemble erarbeitet hat. – Ein starker Abend!