In den Kammerspielen bringt Martina van Boxens Horváths Romanvorlage als Bühnenstück heraus. Bewegung und Sprache sind gleichberechtigt.
„Jugend ohne Gott“ ist ein Klassiker des 20. Jahrhunderts. Viele denken, es handele sich bei dem Werk von Ödön von Horváth um ein Bühnenspiel, so oft hat man den Stoff schon im Theater gesehen. Aber „Jugend ohne Gott“ ist ein Roman – der gleichwohl bühnenwirksame Momente hat, weshalb er immer wieder, zumal mit jungen Schauspielern, inszeniert wird. So in den Kammerspielen, wo „Jugend ohne Gott“ am Freitag Premiere feiert. Regisseurin Martina van Boxen hat die Produktion mit dem aktuellen Abschluss-Studiengang der Folkwang-Schauspielschule ins Werk gesetzt.
„Jugend ohne Gott“, entstanden 1937, ist als Schlüsselroman über die Jugend im Dritten Reich aufgefasst worden. Am Beispiel einer namenlos gewordenen Generation zeichnete Horváth den Verlust von autonomem Denken nach. Selbstständigkeit war damals nicht gefragt, weder im Denken noch im Handeln. Die Indoktrination der Jugend schlug auf das Schulleben durch: In Horváths Buch ist es der Lehrer, der für humanistische Werte steht – und der sich mit der geistig-moralischen Einengung seiner Schüler konfrontiert sieht.
Frage nach Verantwortung
In Martina van Boxens Inszenierung übersetzt der Choreograph Arthur Schopa solche Beschreibungen von Gefühlen und Beobachtungen in Bewegungselemente und -bilder. „Es war von Anfang an klar, dass es zu einer Vermischung der Genres kommen würde“, sagt van Boxen. Sie möge das, weil sich durch die Verschränkung von Schauspiel + Tanz + Musik Sinnlichkeit und Atmosphäre erschaffen ließen: „So gelingt auch eine tiefer gehende Art der Vermittlung.“ Deshalb sind auch Live-Musik und Sound für die Aufführung essenziell, sie wurden von Theatermusiker Manuel Loos gemeinsam mit dem jungen Ensemble erarbeitet. „Das Klangbild setzt sich aus Klangflächen, leitmotivischen Sequenzen und Bar-Musik zusammen und ist gleichermaßen erzählendes und illustratives Element“, so van Boxen.
Mitwirkende und Spieltermine
Als Folkwang-Schauspielschüler/innen wirken mit: Yannik Heckmann, Rudolf Klein, Clara Kroneck, Leonhard Meier, Franziska Roth, Anne Stein und Anne Weise sowie die Ensemble-Mitglieder Martin Weigel und Klaus Weiss.
Für die Premiere am Freitag (2.2.) um 19.30 Uhr in den Kammerspielen gibt es noch Karten. Die nächsten Vorstellungen sind am 3. und 17. Februar.
Kartenreservierung und Spielplan-Infos: 0234/3333-5555
Die Regisseurin und die Dramaturgin Eva Bormann haben den Horváth-Text für ihre Bühnenfassung umgeschrieben. Der Kern der Erzählung bleibt aber: Den persönlichen Schaden vor Augen schweigt lieber, wer sich nicht selbst an den Pranger liefern will. Denn wer die Wahrheit spricht, muss mit dem Schlimmsten rechnen. So entspinnt sich die Geschichte um eine Gruppe Schüler und ihren Lehrer, der sich zusehends in Verfehlungen gegenüber den Jugendlichen verstrickt.
Zugleich schuf Horváth eine Kriminalgeschichte über erste Liebe und Sexualität, Gewalt und Gleichgültigkeit, die Suche junger Menschen nach Orientierung und Erwachsener nach dem Umgang mit der Wahrheit. Und über die Fragen nach eigener Verantwortung und der Notwendigkeit zu handeln.
Fragen, die sich nicht weniger drängend heute noch stellen.