Bochum. . Zwei Häuser an der Bärendorfer Straße werden abgedeckt. Sturmtief Friederike reißt Kamine mit hinunter. Anwohner kommen mit dem Schrecken davon

Erika Briese ist 83 Jahre alt. Sie hat einiges erlebt, sie lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Als am Donnerstag Sturmtief Friederike zu wüten begann, hat sie die Blumentöpfe vom Balkon geholt, dann die Balkontür und die Fenster in ihrer Wohnung im dritten Stock an der Bärendorfer Straße 3 zugemacht und sich der Hausarbeit gewidmet. „Hausfrauen haben immer zu tun“, sagt sie.

Sie zeigt sich auch am Tag danach relativ entspannt. „Kyrill hat damals viel mehr Schaden angerichtet. Da lagen die Straßen voll mit Ästen und ganzen Bäumen.“ Nur das mit den Mülltonnen sei jetzt vielleicht ein Problem. „Da liegt ja nun die Dachpappe auf dem Weg, da weiß ich jetzt gar nicht, wie ich da hinkommen kann.“

Sturm fand offenbar eine Sollbruchstelle

Die Dachpappe. Warum sich der Orkan ausgerechnet die beiden Häuser an der Bärendorfer Straße 3 und 5 ausgesucht hat, ist erst einmal nicht zu erklären. Etliche Häuser in dieser Siedlung in Weitmar sind gleich gebaut: mehrgeschossig, Flachdach.

An den Häusern mit den Nummern 3 und 5 aber fand er offensichtlich Gefallen oder zumindest eine Sollbruchstelle, einen Punkt, an dem er zugreifen konnte. Dabei wurden die beiden Häuser erst im vergangenen Jahr saniert, Dach und Fassade komplett erneuert. Erst fiel eine Blende an der Dachumrandung. Der nächste Orkanstoß muss dann bereits unter die Dachpappe gegriffen haben.

Blech bohrte sich in einen Kühlschrank

Friederike entwickelte eine derartige Kraft, dass beide Mehrfamilienhäuser auf der gesamten Fläche abgedeckt wurden. Die gemauerten Kamine fielen mit hinunter, weil sie mit der Dachpappe verbunden sind, bohrten sich in den Rasen. Styroporplatten, als Dämmmaterial unter den Teerpappen auf dem Dach verarbeitet, segelten in großen und kleineren Stücken durch die Luft. Teile der Dachbleche wurden zu gefährlichen Flugobjekten. Ein Stück Blech durchschlug ein Küchenfenster im Häuserblock gegenüber, bohrte sich dann dort angeblich messerscharf in den Kühlschrank. Eine windige Geschichte.

Erika Briese hat das alles aus dem Fenster mitangesehen. Für die Kraft, mit der der Orkan am Donnerstag über das Land, die Stadt und ihr Haus zog, hatte sie dennoch eine fast poetische Beschreibung: „Der Wind ist mit der Dachpappe spazieren gegangen.“

Bekannter ruft Erdgeschoss-Bewohner an

Genau das wollten Petra und Dieter Lippke zunächst nicht glauben. Sie wohnen im Erdgeschoss im Haus Nummer 5, waren nicht daheim, als das Dach abgedeckt wurde, sie hatten auf den Enkelsohn aufgepasst. Der war wegen des Sturms eher aus der Schule gekommen. „Als dann ein Bekannter anrief und gesagt hat, bei uns würde die Dachpappe das Haus hinunterhängen, habe ich geantwortet: Bei uns?“, sagt Dieter Lippke. „Wir haben doch ein Flachdach!“ Zurzeit eins ohne Dachpappe. Hoffentlich regnet es in den nächsten Tagen nicht so viel.

Für Seniorin wird eine neue Bleibe gesucht

Am Haus an der Rüsingstraße 75a in Werne hat der Orkan so heftige Schäden hinterlassen, dass es einsturzgefährdet und damit nicht mehr bewohnbar ist. Das Dach wurde abgedeckt, der Dachstuhl beschädigt, ein Kamin stürzte ein. Die Bewohner mussten durch die Feuerwehr evakuiert werden.

„Eine Bewohnerin ist eine alte Frau“, sagt Kurt Mittag, Vorsitzender des gemeinnützigen Ludwig-Steil-Haus-Vereins. „Sie ist beinamputiert und daher auf den Rollstuhl und dauerhaft auf Pflege angewiesen. Sie wohnte im Erdgeschoss und ist die Mutter zweier langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen aus dem Ludwig-Steil-Haus-Verein. Sie suchen jetzt ganz dringend eine neue Wohnung für sie.“

Vorübergehend ist sie in der Wohnung des Freundes einer Tochter untergekommen. Das aber kann keine Dauerlösung sein. Mittag: „Die Wohnung sollte nach Möglichkeit im Erdgeschoss sein. Außerdem sollte sie in Werne oder Laer sein, weil auch die Angehörigen, die die Pflege seit Jahren sicherstellen, dort wohnen.“

Kurt Mittag hat sich bereit erklärt, als Wohnungsvermittler tätig zu werden. Wenn Sie eine in Frage kommende Wohnung zu vermieten haben oder von einer freien, entsprechenden Wohnung wissen, ist er telefonisch zu erreichen unter 0234/53 23 39.