Bochum. . Die rechte „Identitäre Bewegung“ hat Sticker und Flyer an der Ruhr-Universität verteilt. Die RUB distanziert sich, der Asta sucht das Gespräch.

Sie selbst sehen sich als „Verteidiger europäischer Werte“, als patriotische, außerparlamentarische Jugendbewegung: Die Mitglieder der Identitären Bewegung (IB). Beobachter sehen in ihr eine gefährliche rechte Gruppierung. Sie kämpft gegen die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“ und gegen die Aufnahme von Flüchtlingen.

In den vergangenen Wochen gab es auch im Bereich der Ruhr-Universität eine erhöhte Aktivität. Sticker mit der Aufschrift „Unser Land – Unsere Werte“ und dem Zeichen der Identitären – der griechische Buchstabe Lambda – klebten zu hunderten auf dem Campus. Daneben: Aufkleber der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, mit den Worten „Nafri Go Home“. Anhänger der Antifa (Antifaschistische Aktion) empörten sich dagegen und überklebten die Sticker.

Bewegung eröffnet Twitter-Account

In den Hörsälen hatten Anhänger Flyer ausgelegt. Zudem haben mutmaßlich Mitglieder der Bewegung den Twitter-Account „Identitäre Bewegung (RUB)“ eröffnet. Auf diesem haben sie auch Bilder der Sticker veröffentlicht. Dagegen geht die Ruhr-Universität jetzt vor, hat das Konto (vordergründig) wegen der Nutzung des Namens gemeldet. Am Donnerstagnachmittag wurde der Account gesperrt.

„Wir können uns nicht vorstellen, dass eine kleine Gruppierung in Bochum den Twitter-Account selbst eröffnet hat“, sagte Daniel Fiß, Sprecher der Identitären Bewegung Deutschland. Eine Stellungnahme aus Bochum gab es nicht. Der Sprecher verweist darauf, dass die IB-Sticker überall zu kaufen wären.

Die Ruhr-Universität positioniert sich klar gegen die Aktion. „Wir als RUB treten für Weltoffenheit und Demokratie ein“ sagt Jens Wylkop, Pressesprecher der Uni, „Sticker und Plakate extremer Gruppierungen werden nicht akzeptiert und vom Hausmeisterdienst entfernt“. Das ist in den letzten Tagen auch passiert. Heute sind kaum noch Aufkleber der IB zu finden.

Beobachtung durch den Verfassungsschutz

So harmlos die Identitäre Bewegung zunächst scheinen mag, ist sie wohl nicht: Der Verfassungsschutz sieht in ihr „eine potenzielle Gefahr für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte“ und beobachtet die Bewegung und seine Landesvertretungen seit einiger Zeit. Wie groß die rechtsextreme Gruppe ist und wie viele Aktivisten es insgesamt gibt, ist schwer zu sagen. Ein Großteil der Mitglieder arbeitet eher versteckt, nur vereinzelt gibt es öffentliche Aktionen.

Trotzdem schafft es die IB mit Hilfe sozialer Netzwerke, ins Bewusstsein der Bevölkerung zu gelangen und als größer wahrgenommen zu werden, als sie ist. In der Vergangenheit wurden Banner am Brandenburger Tor befestigt, Flashmobs durchgeführt oder Pfefferspray an Frauen verteilt.

Asta will den Dialog suchen

Die erhöhte Präsenz jetzt in Bochum ist auch dem Asta der RUB aufgefallen. „Für uns ist die aktive Aufklärung wichtig“, sagt Asta-Vorsitzender Simon Lambertz. In der Vergangenheit gab es bereits einige Infoveranstaltungen zur Entwicklung und Vorgehensweise der Identitären Bewegung in der Stadt.

Lambertz wünscht sich die Möglichkeit zum Dialog: „Ich würde mich mit denen an einen Tisch setzen, mir Argumente anhören, diskutieren und vielleicht ein Umdenken anregen wollen“, erklärt er. So wirklich kann er selbst aber nicht daran glauben. Die IB scheue die offene Diskussion.

>>> Kommentar: Keine plumpe Schlägertruppe

Die Identitäre Bewegung ist keine plumpe Schlägertruppe, die rechte Parolen schreit. Sie gibt sich als intellektuell, zieht vor allem junge Erwachsene an, denen Neonazis in Springerstiefeln zu derb sind. In dieser Woche proklamierte sie, die Vormundschaft für minderjährige Flüchtlinge zu übernehmen. Nicht etwa aus wohltätigen Gründen – man wolle mit ihnen „über falsche Erwartungen an ihr Gastland“ reden und die Prüfung der Minderjährigkeit in die eigene Hand nehmen.

Gefährlich ist die Identitäre Bewegung, weil sie sich nicht so schnell durch unbedachte rassistische Bemerkungen entlarven lässt. An der Uni sucht sie intellektuelle Befürworter. Umso wichtiger ist es, ihnen gerade an der Ruhr-Uni – einem Ort multikulturellen Zusammenlebens – zu zeigen: Hier gehört ihr nicht hin. (Linda Heinrichkeit)