Bochum. . Mehr Geld für die Arbeit ihrer Fraktionen genehmigten sich Bochums Ratsparteien Ende 2017. Die Zuschüsse fürs Personal steigen um 20 Prozent.
In Diskussionen zum städtischen Haushalt streiten Bochums Kommunalpolitiker nicht selten erbittert um wenige tausend Euro – oder um eine Stunde mehr oder weniger Öffnungszeit für Bäder, Büchereien oder Bürgerservice. In eigener Sache indes herrscht Einigkeit. Ende 2017 erhöhten sich die Ratsfraktionen ihr Jahresbudget um knapp 300 000 Euro. Die Kosten für die Arbeit der politischen Gremien reißen damit erstmals die Vier-Millionen-Euro-Grenze (siehe Grafik).
34 Prozent mehr für SPD-Fraktion
SPD, CDU, Grüne, Linke, FDP/Stadtgestalter, AfD und UWG formulierten gemeinsam die neuen Regeln zur Finanzierung ihrer Fraktionsarbeit. Das Personalkostenbudget erhöht sich demnach um fast 20 Prozent – von 1 526 732 auf 1 819 523 Euro jährlich. Größter „Gewinner“ ist die SPD, die sich über ein Plus von 34 Prozent freuen kann.
Die bis dahin geltenden Zuschüsse waren 1999 vereinbart worden. Damals hatte der Rat 66 Mitglieder und es gab nur vier Fraktionen. Knapp 20 Jahre später steuern 84 Kommunalpolitiker und sieben Fraktionen den Konzern Stadt Bochum mit einem Haushaltsvolumen von 1,4 Milliarden Euro.
In den vergangenen Legislaturperioden hatten insbesondere die großen Fraktionen SPD, CDU und Grüne Mittel abgeben müssen. Nur so konnten Neulinge wie Freie Bürger, Piraten oder zuletzt die AfD überhaupt finanziert werden, ohne das Budget zu erhöhen.
Personalkosten von 86 000 Euro pro Kopf
„Die neuen Regeln sind transparent und gerecht“, sagt SPD-Fraktionschef Peter Reinirkens. Der Stellenschlüssel für die Fraktionen ergibt sich aus der Größe, zugrunde gelegt werden zudem fiktive Brutto-Personalkosten für einen Mitarbeiter von knapp 86 000 Euro.
Zwei Beispiele: Fraktionen mit vier oder fünf Mitgliedern stehen 2,25 Stellen zu (168 615 Euro), wer mehr als 24 Mitglieder hat, bekommt Geld für 5,75 Stellen (493 360 Euro). Den Fraktionen selbst ist es überlassen, die Zahl ihrer Mitarbeiter festzulegen und das Budget zu verteilen. Stand heute werden Gehälter gezahlt, die dem Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst (TVöD) in den Gruppen 8 bis 15 entsprechen (2500 bis 6500 Euro brutto monatlich).
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„Die Fraktionen sind jegliche Erklärung schuldig geblieben, warum diese zusätzlichen Mittel überhaupt erforderlich sind“, kritisiert der partei- und fraktionslose Ratsherr André Kasper die Anpassung. „Durch die Digitalisierung hat sich die Arbeit doch enorm vereinfacht. Unterlagen drucken, tackern und versenden ist heute nicht mehr nötig.“ Außer Kasper stimmte auch Claus Cremer (NPD) gegen den Antrag, Günter Gleising (Soziale Liste) enthielt sich seiner Stimme.
„Rats- und Ausschussarbeit hat sich stark verändert“
SPD und CDU wollen ihr neues Budget nutzen, um zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. „Die Rats- und Ausschussarbeit hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Dafür benötigen wir mehr Personal“, sagt CDU-Fraktionschef Christian Haardt. „Viele Themen sind viel komplexer geworden, da müssen wir uns besser aufstellen“, sagt Peter Reinirkens.
Unverändert bleiben die Geschäftsstellenbeiträge, die obendrauf kommen. Hier gibt es seit 1999 für jedes Fraktionsmitglied einen Zuschuss von 225 Euro monatlich. Bezahlt werden davon Sachkosten wie Computer, Fachliteratur, Fortbildungen, Bürobedarf, Öffentlichkeitsarbeit und mehr. Auf Anfrage der WAZ teilten im Übrigen alle sechs Fraktionen mit, dass die Budgets in den vergangenen Jahren in der Regel eingehalten wurden, teilweise sogar Geld in die Stadtkasse zurückgeflossen ist.
>>> Die Kosten für die Arbeit in den politischen Gremien betragen pro Jahr 4 010 353 Euro
Die Arbeit der Ratsfraktionen kostet jährlich 2 032 824 Euro (Sach- und Personalkosten).
Die 84 Ratsmitglieder erhalten pro Monat eine Pauschale von 395,50 Euro. Hinzu kommen 20,30 Euro pro Sitzung (Rat, Ausschüsse, Fraktion; maximal 130 Sitzungen pro Jahr). Außerdem zahlt die Stadt 64,61 Euro Fahrtkosten (Preis für Ticket 2000).
Bürgermeister, Bezirksbürgermeister, Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertreter erhalten zusätzliche Vergütungen. In der Regel ein Mehrfaches einer monatlichen Grundpauschale von 497,70 Euro.
Finanziert werden muss aus Steuermitteln aber auch die Arbeit der sechs Bezirksvertretungen. Die Fraktionen erhalten pro Mitglied 32 Euro monatlich, die Politiker bekommen je nach Einwohnerzahl der Bezirke zwischen 208,40 und 268 Euro monatlich.
Bezahlen muss die Stadt zudem Verdienstausfälle, Kinder- und Haushaltsbetreuung.