Bochum. . Gefangene werden durch die „Weihnachtsamnestie“ vorzeitig entlassen. Beamte und Geistliche sorgen für erträgliche Festtage im Gefängnis.

Geschenke gibt es keine, niemand kommt vorbei, und statt auf festlichem Schmuck, starrt man auf karge Wände. Im Gefängnis feiert man ein etwas anderes Weihnachten.

In der Bochumer Justizvollzugsanstalt (JVA) an der Krümmede sitzen 760 Häftlinge, von denen einige an diesen Tagen besonders mit der Einsamkeit zu kämpfen haben. „Viele Häftlinge haben eine Sehnsucht nach Gemeinschaft“, sagt Gefängnis-Pfarrer Burkard Boyke, „an Weihnachten wird für sie auf brutale Art und Weise spürbar, was sie vermissen.“

Nur mit einwandfreiem Führungszeugnis

Wenige glückliche Gefangene sind aber nun vorzeitig aus der Haft entlassen worden, damit sie Weihnachten bei ihren Familien verbringen können. Möglich macht das die „Weihnachtsamnestie“. Dabei handelt es sich um sogenannte Gnadenerweise, die die Staatsanwaltschaft nach eingehender Prüfung durch die JVA erteilt. Dafür kommen Häftlinge in Frage, die ein einwandfreies Führungszeugnis aufweisen und denen ohnehin eine vorzeitige Haftentlassung im Zeitraum vom 3. November bis zum 6. Januar in Aussicht gestellt wurde. Sexualstraftäter, Kapitalverbrecher und solche, die wegen Mordes ihre Haft verbüßen, sind von dem staatlichen Gnadenakt ausgenommen.

28 Häftlinge vorzeitig entlassen

„Aktuell sind 28 Häftlinge im Rahmen der Weihnachtsamnestie vorzeitig entlassen worden“, weiß Gefängnis-Leiter Thomas König. Im letzten Jahr hatten nach Angaben des NRW-Justizministeriums landesweit 710 Häftlinge von der Regelung profitiert.

Wie wichtig den übrigen Inhaftierten das Weihnachtsfest ist, zeigt die Resonanz bei den evangelischen und katholischen Gottesdiensten in der Anstalt. „Wir haben Heiligabend zwei Gottesdienste, an denen jeweils bis zu 100 Gefangene teilnehmen“, sagt Burkhard Boyke. Gerade der erste und zweite Weihnachtstag seien für viele schwierig, da hier wie an allen Sonn- und Feiertagen keine Besuche stattfinden dürfen.

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Kleine Feiern

Kleine Weihnachtsfeiern gibt es jetzt schon in den verschiedenen Bereichen und Abteilungen, wo sich Beamte, Seelsorger und Ehrenamtliche und teilweise auch Angehörige mit den Häftlingen in Gruppen zusammensetzen. Weihnachtspakete dürfen aber schon seit einer Weile nicht mehr in Empfang genommen werden. „Wir werden aber immer wieder nach Weihnachtskarten und Briefmarken gefragt, was wir den Gefangenen dann auch ermöglichen“, erzählt Boyke.

In diesem Jahr wurde auch vonseiten der Inhaftierten erstmals der Wunsch geäußert, eigene Weihnachtsbäume in jeder Zelle aufstellen zu dürfen, was am Ende an den strengen Sicherheitsvorschriften scheiterte. „Wir verteilen dafür Tannenzweige und Kerzen, die auch ein wenig den weihnachtlichen Duft in die Zellen bringen“, sagt Thomas König. „Außerdem können die Gefangenen in diesem Jahr beim Kaufmann eine Lichterkette erwerben.“ Das sind viele kleine Gesten, die von Menschlichkeit und Herzlichkeit zeugen. „Wir wollen den Häftlingen zeigen, dass es immer Wege gibt zusammenzukommen und auch hier keiner alleine zurückbleiben muss“, sagt Pfarrer Boyke. Auch mit Musik und einem besonders festlichen Speiseplan sollen die stillen Tage für viele Häftlinge erträglicher werden.