Bochum. . 27 000 Operationen in 25 Jahren: Die Herzchirurgie am Bergmannsheil feiert ein stolzes Jubiläum. Patienten profitieren von immer neuen Verfahren.
Verglichen mit heutigen Kosten war sie ein Schnäppchen. 35 Millionen Mark kostete der Bau der Klinik für Herz- und Thorax-Chirurgie am Bergmannsheil, die am 25. Mai 1992 ihre Arbeit aufnahm: Chirurgen legten bei einer 73-jährigen Patientin gleich drei Bypässe. 27 000 Operationen und 25 Jahre später feierte das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum sein stolzes Jubiläum zusammen mit ehemaligen und aktuellen Patienten im Blue Square.
Zu den Ehrengästen zählte Prof. Dr. Axel Laczkovics, der erste Direktor der Herzklinik. Es sei ihm „eine besondere Ehre“ gewesen, die Klinik aufbauen zu dürfen, sagte der gebürtige Wiener. Dass heute noch so viele Mitarbeiter aus den Anfangsjahren am Bergmannsheil arbeiteten, freue ihn besonders. „Das spricht nicht nur für chirurgische Kompetenz, sondern auch für eine gute Personalführung.“
Kein Transplantationszentrum geworden
Aber auch einen Wermutstropfen der Klinik-Geschichte sprach er an: „Obwohl wir 13 Patienten ein neues Herz transplantiert haben, sind wir am Ende kein Transplantationszentrum geworden.“ – „Es fehlte damals leider der politische Wille“, sagte der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Thomas Schildhauer.
Nichtsdestotrotz hat sich die bis heute einzige herzchirurgische Klinik in Bochum über die Stadtgrenzen hinaus einen guten Ruf erworben. Klinikdirektor ist seit 2010 Prof. Dr. Justus Strauch. Gemeinsam mit sechs Oberärzten, zwei Fachärzten und vier weiteren Ärzten nimmt der 49-Jährige pro Jahr rund 1300 chirurgische Eingriffe vor. Strauch etabliert neue Verfahren, deren Ziel er so beschreibt: „Der Eingriff am Herzen soll so schonend wie möglich erfolgen.“
Profitiert hat davon beispielsweise Norbert Cichon. Der 66-Jährige hatte im Herbst 2016 seinen Arzt aufgesucht, „weil ich beim Treppensteigen keine Luft mehr bekam und auf jeder vierten Stufe stehen bleiben musste“. Die Diagnose: Zwei total verkalkte Herzklappen behindern den Blutfluss.
Herzklappen werden im Schnellverfahren eingesetzt
Eine Operation am offenen Brustkorb war wegen des doppelten Defekts zwar nicht zu verhindern, aber durch den Einsatz einer neuen, nahezu nahtlos einzusetzenden Aortenklappenprothese, hergestellt aus dem Herzbeutel eines Rindes, wurde viel Zeit gewonnen. Die verkalkte Mitralklappe wurde indes nicht ersetzt, sondern mit einer „Beißzange“ vom Kalk befreit.
„Der Patient war insgesamt nur 30 Minuten an der Herz-Lungen-Maschine“, so Strauch. „Das sind rund 60 Prozent weniger als üblich.“ Ein unschätzbarer Vorteil. Denn Schäden an Gehirn, Nieren und Leber sind möglich, wenn der Körper zu lange künstlich durchblutet wird.
Die schnell zu verankernde biologische Klappe kommt im Bergmannsheil seit 2014 zum Einsatz. 450 Menschen haben die Prothese bekommen, die einen weiteren Vorteil hat: Patienten müssen keinen Blutverdünner nehmen, wie es bei mechanischen Klappen zwingend erforderlich ist.
„Das Beste ist, ich spüre mein Herz nicht mehr“
„Ich wollte doch keine Angst haben, mir auf Reisen im Urwald in den Finger zu schneiden“, sagt der ehemalige Fernseh-Journalist Cichon. Auch Ehefrau Heike profitiert vom „Rinderherz-Ventil“, denn mechanische Klappen verursachen Geräusche, „die Ehepartner nachts durchaus als störend empfinden können“, so Strauch.
Norbert Cichon geht es heute nach den aufregenden Wochen zum Jahreswechsel 2016/17 wieder gut – und auch der Kopf ist wieder frei: „Das Beste ist, ich spüre mein Herz nicht mehr.“
>>> 2300 Menschen arbeiten im Bergmannsheil
as Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil gehört zum Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum (RUB). In 23 Kliniken und Fachabteilungen mit 707 Betten werden jährlich mehr als 80 000 Patienten ambulant und stationär versorgt.
Die Klinik beschäftigt rund 2300 Mitarbeiter, davon sind 275 Ärzte. 579 Menschen sind in der Pflege tätig.
2016 geriet das 1890 gegründete Bergmannsheil bundesweit in die Schlagzeilen, als bei einem Großbrand zwei Menschen starben.