Bochum/Witten. . Eine Vogelexkursion des Naturschutzbundes führt Vogelliebhaber am Sonntag zum Kemnader Stausee. Ein Nabu-Experte sorgt sich um den Bestand.

  • Zum zweiten Mal in diesem Jahr veranstaltete Siegfried Schneider eine Vogelexkursion
  • Der Experte des Naturschutzbundes zeigte den Teilnehmern Enten, Schwäne und Blässhühner
  • Einige Vogelfreunde sorgen sich um die Population, die gefühlt immer kleiner wird

Der Naturschutzbund (Nabu) Bochum hat am Sonntag Vogelliebhaber an den Kemnader See geladen, um auf die Vogelpopulation dort hinzuweisen. Und einige Freunde der Ornithologie haben sich trotz frostiger Temperaturen auf den Weg zur Wasserburg Haus Kemnade gemacht.

„Ich bin seit meiner Jugend an Vögeln interessiert“, sagt Siegfried Schneider vom Nabu, der zum zweiten Mal in diesem Jahr zur Vogelbeobachtung eingeladen hat. Jetzt sei genau die richtige Zeit, um Wasservögel zu beobachten, die die Wintermonate an der Ruhr verbringen, so Schneider. „Der Kemnader See ist eine der beliebtesten Stellen für diese Wintervögel in der gesamten Region.“

Zu sehen gibt es wirklich viel: Pfeiff-Enten, Reiherenten, Höckerschwäne, Blässhühner und Haubentaucher sind die bekanntesten Vogelarten an diesem Sonntagmorgen. Zwei Mäusebussarde und ein Fischreiher haben sich ebenfalls nahe des Stausees eingefunden. Mit Ferngläsern ausgestattet, blicken die interessierten Besucher auf den See und in die Auen.

Nur noch 1000 Kraniche

Hans-Georg Bosshardt ist auch wieder dabei. „Ich mag diese Touren, bin aber auch häufiger alleine unterwegs und beobachte Vögel. Nicht nur hier in Bochum, sondern auch auf Ausflügen versuche ich, Informationen zu bekommen, wo interessante Arten zu finden sind.“

Interessantes hat auch Siegfried Schneider in den drei Stunden zu berichten. Am Aussehen, aber auch am Geräusch erkenne der geschulte Ornithologe die unterschiedlichen Vogelarten. Dieses Wissen gibt er an die Besucher weiter. „Wir beobachten hier langfristig, aber ein genaueres Monitoring findet leider nicht statt“, erklärt Schneider. „Vom Gefühl her werden, neben den Insekten, auch die Vögel immer weniger. In diesem Winter waren zum Beispiel nur wenige Kraniche in der Region. Die nehmen in dieser Saison aber lieber die Route am Rhein entlang.“

Vor ein paar Jahren seien hier noch Zehntausende Zugvögel vorbeiflogen. 2017 seien es nur um die 1000.

Höckerschwäne wiegen 15 Kilogramm

Auch die pensionierte Lehrerin Carmen Löwer ist Vogelliebhaberin. „Ich habe selber zwei Amazonen. Außerdem engagiere ich mich gerne für den Vogelschutz und werde mich auch in Zukunft für die Initiative gegen den Vogelfang im Mittelmeerraum einsetzen.“ Hier in der Gegend sei Löwer gerne bei solchen Exkursionen dabei und lerne im Ruhestand die Gegend um ihre Heimat besser kennen.

Am Südufer des Sees geht die Führung vorbei an vielen rastenden Höckerschwänen. „Die Männchen sind bis zu 15 Kilogramm schwer. Das ist das Maximalgewicht, was ein Vogel auf die Waage bringen kann, um überhaupt fliegen zu können“, erklärt Siegfried Schneider. „Die vielen Blässhühner, im Winter sogar bis zu 3000 Stück, lieben diesen See. Die Algenpest ist eine hervorragende Nahrungsquelle für sie.“

Der Grund dafür sei, dass diese Pflanze das niedrige Wasser vom Kemnader See mit gerade einmal 2,80 Metern Wassertiefe bevorzugt. Dadurch kommt Sonnenlicht bis auf den Grund und gibt so den Pflanzen die Möglichkeit, Wurzeln zu bilden. Derzeit sind die Blässhühner in der Paarbildung. In kleinen Gruppen, zwischen den Höckerschwänen, sind erste Pärchen zu erkennen. Im Februar ist Paarungszeit, ehe es für die Tiere wieder gen Nord-Osten in die Heimat geht.

>>> INFO: Neue Routen sind noch unbekannt

Die neuen Routen der Kraniche werden erst nach diesem Winter analysiert. Derzeit ist nicht geklärt, warum so wenige Vögel den Weg über das Ruhrgebiet und das Sauerland genommen haben.


  • Eine Verringerung der Vogelarten und Zahlen in der Region ist nicht nachweislich analysiert worden. Was aber auffällig ist, ist die Zunahme der Kleiber um 50 Prozent, so der Nabu. Informationen zu den Exkursionen gibt es auf
    www.nabu-bochum.de

  • Kommentar von Michael Vaupel: See erreicht Besuchergrenze 

    Der Kemnader See sei eine der beliebtesten Stellen für Wintervögel in der gesamten Region, heißt es vom Nabu-Experten. Aber auch zu anderen Jahreszeiten herrscht dort flügelschlagende Betriebsamkeit.

    Gleichzeitig wächst dort die Zahl menschlicher Besucher in die Millionen. Spaziergänger, Radler, Jogger, Skater umrunden den See. Auf dem Wasser wird gesegelt, gepaddelt und Tretboot gefahren, was das Zeug hält. Und schließlich wird feste gefeiert. Vom Zeltfestival bis zu Kemnade in Flammen strömen die Besucher scharenweise.

    Einerseits können die anliegenden Städte Witten, Bochum und Hattingen stolz sein, dass immer mehr Gäste den Reiz der Region erkennen, der sich gerade auch im Kemnader See widerspiegelt. Andererseits stellt sich die Frage, wieviel Halligalli das Gebiet verträgt, bis das ökologische Gleichgewicht kippt. Der nur noch mühsam nachwachsende Rasen auf der Zeltfestival-Wiese ist dafür ein bedenkliches Zeichen.