Bochum. . Das Rechnungsprüfungsamt kritisiert die Vergabepraxis des Sozialamtes Bochum bei der Flüchtlingsbetreuung. Die Stadt kommt das teuer zu stehen.
- Das Rechnungsprüfungsamt wirft dem Sozialamt Verstöße gegen das Vergaberecht vor
- Verträge für die Flüchtlingsbetreuung wurden häufig nur mündlich geschlossen
- Wohlfahrtsverbände mussten nicht einmal eine Kostenkalkulation vorlegen
Rund 3000 Flüchtlinge beherbergt die Stadt Bochum aktuell. Platz gibt es für 5200. Das kostet unnötig Geld. Geld, das man zum Teil hätte sparen können, wenn die Verwaltung besser gearbeitet hätte. Das geht aus einem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) hervor.
Die Kontrolleure um Leiter Alfons Jost gehen dabei hart mit Sozialdezernentin Britta Anger (Grüne) und der Leiterin des Sozialamtes, Ute Bogucki, ins Gericht. Das RPA listet Verstöße gegen das Vergaberecht und Dienstanweisungen auf und kritisiert, dass klare Absprachen immer wieder nicht eingehalten wurden.
Verständnis für besondere Herausforderungen
In seinem Bericht zeigt das RPA dabei durchaus Verständnis für die besonderen Herausforderungen der Sozialverwaltung auf dem Gipfel der Flüchtlingswelle 2015. Städtische Mitarbeiter hätten „regelmäßig am Leistungslimit und zum Teil darüber hinaus“ die Aufnahme der Flüchtlinge organisiert. Auch deswegen seien die Verwaltungsabläufe bis Ende 2015 „nicht stringent geprüft“, sondern lediglich „begleitet“ worden. Anfang 2016 habe das RPA aber unmissverständlich darauf hingewiesen, dass Leistungen zur Betreuung nach Vergaberecht ausgeschrieben werden müssen.
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Ungeachtet dessen wurden vom Sozialamt noch im Herbst 2016 mündlich auf Zuruf Verträge mit Sozialverbänden geschlossen – ohne überhaupt die Kosten zu kennen oder die Aufgaben exakt schriftlich fixiert zu haben. Klar sei, so das RPA, „dass die Kalkulationen der Träger zum Teil erst nach der Aufnahme der vertraglich geregelten Tätigkeiten erstellt wurden“.
Vertragsvorgaben wurden ignoriert
Ignoriert hat das Sozialamt auch Vertragsvorgaben des RPA, die bei der Schließung von Flüchtlingsunterkünften eine fristlose Kündigung der zuständigen Betreuer ermöglicht hätte. Das Sozialamt indes verpflichtete sich, die Mitarbeiter für die Restlaufzeit der vierjährigen Verträge anderweitig einzusetzen.
Erwähnenswert in diesem Kontext ist der Vertrag für die Flüchtlingsunterkunft am Rosenberg „Nordbad“: Der mündliche (!) Betreuungsvertrag mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) für zunächst 450, später 200 Plätze wurde am 4. Oktober 2016 für zwei Jahre geschlossen. Verhandelt wurde dabei mit dem Geschäftsführer der Awo, Ernst Steinbach, der zugleich SPD-Ratsmitglied ist. Kosten pro Jahr: rund eine Million Euro.
Thema nicht-öffentlich behandelt
Den erneuten Verstoß gegen das Vergaberecht begründet die Verwaltung in einer nicht-öffentlichen Mitteilung auf eine Anfrage der Fraktion FDP/Stadtgestalter mit der Notwendigkeit, Turnhallen freiziehen zu müssen. Und auch in der mündlichen Absprache mit einem Ratsherrn erkennt die Stadt keinen Regelverstoß. Auf WAZ-Anfrage heißt es: Hierbei sei „ein Vertrag mit einem Verein und nicht mit einem Ratsmitglied persönlich geschlossen“ worden.
Schriftlich fixiert wurde der Vertrag mit der Awo im März 2017. Der nicht-öffentliche RPA-Bericht datiert vom 2. März 2017, der Ausschuss dazu tagte am 31. März. Auch kritische öffentliche Anfragen der Parteien CDU und FDP/Stadtgestalter zur Betreuung der Flüchtlinge wurden mehrere Male nicht-öffentlich beantwortet. „Eine öffentliche Diskussion hätte eine detaillierte Darstellung schutzwürdiger Daten und Fakten ermöglicht“, begründet die Verwaltung.