Wissenschaftler, Stadtteil-Akteure und Anwohner forschen 12 Jahre in der Hustadt. Sie fragen: Wo sind für Migranten Barrieren im Gesundheitssystem?

  • Prof. Dr. Falge von der Hochschule für Gesundheit hat vor zwei Jahren das Stadtteillabor ins Leben gerufen
  • Das Team forscht vor Ort auf Augenhöhe, befragt Anwohner und besucht Familien. Es geht um Armut und Gesundheit
  • Eine Infoveranstaltung über Krebs und ein Begegnungscafé in Kooperation mit der Ifak sind entstanden

Wer an ein Labor denkt, dem fallen vielleicht tüftelnde Wissenschaftler in weißen Kitteln, Reagenzgläser und rauchende Apparaturen ein. Nicht so im Stadtteillabor in der Hustadt. „Wir sind eine gemischte Gruppe aus Wissenschaftlern und Nicht-Wissenschaftlern“, sagt Initiatorin Prof. Dr. Christiane Falge (46) Vor zwei Jahren hat die Ethnologin, die an der Hochschule der Gesundheit lehrt, das Labor ins Leben gerufen. „Forschung ist meist mittelabhängig, Gelder werden nur für kurze Zeiträume gewährt“, sagt die Wissenschaftlerin. Daher: „Wir machen zwölf Jahre gesundheitsbezogene Langzeitforschung vor Ort.“ Dabei gehe man der Frage nach, welche Barrieren es im Gesundheitssystem gebe. „Wir schauen besonders auf die vulnerablen Gruppen, über die wir wenig wissen.“ Es geh vor allem um die Menschen, die etwa durch Armut in prekärer Lage leben und über Umfragen schwer erreichbar sind. „Wir entwickeln mit Anwohnern Fragebögen. Nicht nur um Schwierigkeiten zu erkennen, sondern auch um Ressourcen zu fördern“, betont Falge.

In zwei Runden hat das bereits stattgefunden. Forschungsgruppen, bestehend aus bis zu sechs Teilnehmern, haben in der Hustadt geforscht: auf Deutsch, Arabisch, Kurdisch und sogar Nepalesisch. „Wir haben herausgefunden, dass viele ihre Angehörigen pflegen, aber nicht über finanzielle Unterstützung und den richtigen Pflegegrad Bescheid wissen“, sagt Falge.

Praxisnahe Forschung

Jennifer Kelch freut sich über die praxisnahe Forschung: „Man erreicht mit der Forschung etwas, hat Zeit, Vertrauen aufzubauen und lernt selbst viel“. Die Studentin des Studiengangs „Gesundheit und Diversity in der Arbeit“ hat herausgefunden, dass es an Informationen über Krebs mangelt, und kurzerhand eine Infoveranstaltung ausgerichtet. „Die Menschen sollen Gesundheit selbst in die Hand nehmen“, betont sie.

Kommilitonin Isra Rosstem hat in Interviews erfahren, dass ein Bedarf an Sportangeboten für Frauen mit Kopftuch herrscht und will ein solches Fitnessprojekt realisieren. Einer Familie konnte geholfen werden, in eine neue Pflegestufe eingeordnet zu werden, auch ein Begegnungscafé ist in Kooperation mit der Ifak entstanden.

„Viele fühlen sich von Ärzten abgefertigt und nicht ernstgenommen. Ich will besonders auf die Lösungen schauen“, sagt Student Falk Küpper. So mache Forschung Spaß.