Bochum. Vier Kandidaten aus den Wahlkreisen 140/141 haben bislang einen Sitz im Bundestag. Was lässt sich tun in der Hauptstadt für die eigene Kommune?

  • Vier Bochumer Kandidaten bei der Bundestagswahl haben bislang einen Sitz im Bundestag
  • Sie erklären, was sich konkret tun lässt in Berlin für die eigene Kommune
  • Direkt und ausschließlich für die eigene Stadt zu wirken, kommt eher selten vor

Berlin ist weit weg, von Bochum aus sind es 515 Kilometer in die Hauptstadt. Und der Bundestag scheint mit der Lebenswirklichkeit zwischen Gerthe und Stiepel so viel zu tun zu haben wie die Champions League mit dem VfL. Gerade vor einer Wahl kommt da die Frage auf: Was tun „unsere“ Politiker aus den Wahlkreisen 140 und 141 im Bundestag eigentlich für Bochum?

„Als Bundestagsabgeordneter bekommt man diese Frage häufig gestellt“, so Axel Schäfer (SPD), nach dem Ausscheiden von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der dienstälteste Bochumer Abgeordnete im Bundestag. Er ist einer von vier heimischen MdBs (Mitglied des Bundestags), die bereits in Berlin Politik machen und sich erneut zur Wahl stellen (Übersicht).

38 Millionen Euro für Investitionen

„Wenn man in der Opposition ist, hat man den Nachteil, das man keine Gesetze verabschiedet“, sagt Frithjof Schmidt (Grüne). Der Gestaltungsrahmen sei eingeschränkt. Auf die Fahnen schreibt sich der Europapolitiker, sich mit seiner Fraktion für die kommunalen Investitionsfördermittel stark gemacht zu haben. 38 Millionen Euro sind so nach Bochum geflossen. Auch der Radschnellweg Ruhr und die Verwendung von EU-Mitteln für die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt seien auf Druck der Grünen verabschiedet werden.

Erfolge haben manchmal viele Väter: Auch SPD-Mann Schäfer reklamiert die Investitionsmittel-Initiative für sich und seine Fraktion. Diese habe zudem für die Stärkung des Hochschulstandorts Bochum gesorgt und verantworte die wichtige Reform des Arbeitsmarkts.

Spagat zwischen den Interessen

Meistens, so Schäfer, gehe es in der Politik um die Beschaffung von Mehrheiten, um Teamarbeit. Seltener sei es, dass ein Politiker ganz konkret etwas für seine Stadt tun könne. Ihm selbst sei das in Sachen Eisenbahnmuseum gelungen. Dass dafür drei Millionen Euro aus dem Topf „Nationale Projekte des Städtebaus“ geflossen sind, sei auf seine Überzeugungsarbeit bei jedem einzelnen Mitglied der Entscheidungskommission zurückzuführen.

Schäfers Selbstverständnis als MdB: „Ich habe eine Bochumer Brille auf.“ Verpflichtet sei er aber immer dem Blick auf die gesamte Republik. Es sei bisweilen ein Spagat zwischen nationalen und lokalen Interessen, den Bundestagsabgeordnete zu bewältigen hätten. Aber er sei noch nie in der Bredouille gewesen, über eine Fragen zu entscheiden, die sich unmittelbar gegen die Interessen Bochums gerichtet hätte.

Botschafterin des Wahlkreises

Auch Frithjof Schmidt versteht sich „ausdrücklich als Vertreter der Interessen Bochums, und noch mehr des Ruhrgebiets“. Aber da Deutschland föderal aufgebaut ist, seien Bundespolitiker überwiegend mit bundespolitischen Themen beschäftigt.

Und die spielen mitunter vor Ort eine große Rolle – etwa bei der Rente mit 63, bei der Mütterrente und dem Mindestlohn; Errungenschaften, die SPD-Frau Michelle Müntefering sich und ihrer Fraktion ebenso zugute hält wie das Investitionsförderprogramm, Sanierungsmittel für die Lutherkirche und der A43-Ausbau. Ihre Selbstverständnis als Bundespolitikerin? „Ich wirke mit an Entscheidungen im Sinne des ganzen Landes, bin aber auch Botschafterin meines Wahlkreises.“

Ähnlich sieht das Sevim Dagdelen (Die Linke): „Wir wollen einen Solidarpakt für strukturschwache Regionen schaffen. Diese Mittel müssen dann insbesondere auch nach Bochum und in andere Ruhrstädte fließen. Es kann nicht sein, dass beim Absturz einer so großen Region mit vielen Einwohnern einfach zugeschaut wird.“

>>Kandidaten mit Berlin-Erfahrung

(Fraktion „Die Linke“), 41 Jahre, seit 2005 im Bundestag, u.a. Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, hat in der abgelaufenen Legislaturperiode 39 Reden gehalten; zuletzt im Juni zum Bundeswehreinsatz im Kosovo

(SPD), 37, seit 2013 im Bundestag, u.a. Mitglied im Unterausschuss Kommunales, hat 15 Reden gehalten; zuletzt im März zur der Regierungserklärung in Sachen Europäischer Rat

(SPD) 65, seit 2002 im Bundestag, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, hat in der abgelaufenen Legislaturperiode 20 Reden gehalten; zuletzt im März zum EU-Austritt Großbritanniens

(Die Grünen), 64, seit 2009 im Bundestag, u.a. Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, hat in der abgelaufenen Legislaturperiode 30 Reden gehalten; zuletzt im Mai zur Entwicklungspolitik und zum Bundeswehreinsatz in Mali