Bochum. . Seit 25 Jahren können Alkohol- und Medikamentenabhängige bei der Caritas eine ambulante Reha durchlaufen. Ehemalige Patienten loben das Programm.
- Um Suchtkranke nicht aus ihren Alltag herauszureißen, bietet die Caritas ambulante Rehamaßnahmen an
- Die Betroffenen besuchen therapeutische Einzel- und Gruppengespräche und werden von einem Arzt betreut
- Einige Alkohol- und Medikamentenabhängige brauchen viel Zeit, bis sie bereit sind, sich Hilfe suchen
Erst waren es Tabletten, dann kam der Alkohol hinzu. Die Trauer, die Einsamkeit – Marie-Luise H. wusste nicht anders damit umzugehen, als sie zu betäuben. Innerhalb von neun Monaten hatte sie Ehemann, Schwester und Mutter verloren.
Wenn einer sagte „warte ab, es wird wieder besser“, war ihr das kein Trost. Sie verkraftete den dreifachen Verlust einfach nicht. Und wäre beinahe selbst verloren gegangen, in ihrer Sucht. Erst eine ambulante Reha brachte sie wieder in die Spur.
Gespräche und ärztliche Betreuung
Seit 25 Jahren bietet die Caritas in Bochum ambulante Rehabilitationsmaßnahmen für Suchtkranke an: als Hilfspaket, bestehend aus Einzelgesprächen, fortlaufender ärztlicher Begleitung und Gruppensitzungen unter therapeutischer Leitung.
Suchthilfe
- Erstgespräche erhalten Betroffene bei der Suchthilfe innerhalb von etwa einer Woche. Geht es dann konkret um einen Platz in der ambulanten Reha, wird auch dafür innerhalb von einer Woche ein erstes Gespräch vermittelt.
- Die ambulante Reha dauert grundsätzlich sechs Monate, kann aber auf bis zu 18 Monate verlängert werden. Die Behandlung umfasst Einzelsitzungen und Gruppengesprächen mit maximal 12 Patienten. Angehörige können miteinbezogen werden.
- Kontakt zur Ambulanten Rehabilitation Sucht: suchtkrankenhilfe@caritas-bochum.de oder 0234/ 43 05 31 (Mo. bis Do. 8 bis 17 Uhr, Fr. 8 bis 12 Uhr)
Oft vergeht viel Zeit, bis Betroffene eine solche Reha beginnen. Zeit, bis sie sich eingestehen, dass sie Hilfe brauchen. Zeit, bis ein Arzt das Problem als solches erkennt und die richtigen Konsequenzen zieht. „Viele durchlaufen eine wahre Odyssee“, sagt die Psychotherapeutin Anneli Gerß, die schon viele Patienten durch die Reha begleitet hat.
Bei Marie-Luise H. diagnostizierte der Arzt ein „Burn-out“ und schickte sie zur Kur. „Dort haben sie festgestellt, dass ich da gar nicht hingehörte“, erzählt die 65-Jährige, „ich war ja viel zu krank und brauchte einen Entzug“. Den bekam sie, und hörte in der Klinik erstmals von anderen Menschen, denen es ähnlich ging.
Reha muss nicht immer stationär stattfinden
Von ihnen erfuhr sie auch, wo und wie sie weitere Hilfe bekommen könnte. Dass sie für ihre Reha nicht monatelang in einer stationären Einrichtung bleiben musste, war für Marie-Luise H. extrem wichtig: Sie wollte sich weiter um ihren Enkel kümmern, arbeiten gehen, abends im eigenen Bett einschlafen – sich den letzten Rest Stabilität in ihrem Leben bewahren.
Auch Karl A. hat eine ambulante Reha durchlaufen, um „alternative Verhaltensweisen zum Suchtmittelkonsum zu entwickeln“, wie der Leiter des Suchthilfezentrums, Matthias Dombrowsky, es formuliert. „Um das Loch zu füllen, das entsteht, wenn man das Suchtmittel weglässt“, sagt Karl A.
Vom Suchtkranken zum Suchtkrankenhelfer
Zuerst mit Notfallstrategien – an einem Ammoniak-Fläschchen riechen („dann denken Sie an alles, aber nicht ans Trinken“), einen Freund anrufen, laufen gehen. Danach die längerfristigen Strategien. Dazu gehöre auch „ein anderer, ein bewusster Umgang mit Gefühlen und Problemen“, erklärt Anneli Gerß.
Seit Karl A. den beherrscht, ist er trocken. „Staubtrocken“, sagt er und lacht herzhaft. Dennoch sei mit der Reha „nicht alles erledigt“. Deshalb hat sich der 62-Jährige zum Suchtkrankenhelfer ausbilden lassen, ist in Selbsthilfegruppen aktiv. Regelmäßig besucht er die Entgiftungsstationen, nicht mehr als Kranker, sondern als derjenige, der die Tipps mitbringt. Und anderen den Weg aus der Sucht weist.