Bochum. . Der Verein Integrationsmodell möchte mehr geistig Behinderten zur eigenen Wohnung verhelfen. Betreuer unterstützen dabei, den Alltag zu meistern.
- Im Haus Riemke wohnen geistig Behinderte in Wohngruppen zusammen und erhalten Betreuung
- Der Trägerverein möchte ihnen künftig auch die Möglichkeit einer eigenen Wohnung bieten
- Außerdem sollen geistig Behinderte beraten werden, die über den Auszug aus dem Elternhaus nachdenken
Im September ist es soweit: Ulrike* bezieht ihre erste eigene Wohnung. Aufregung und Vorfreude sind riesig, seit Monaten bereitet sie sich auf diesen Schritt vor. Ulrike ist Mitte 50.
Noch lebt sie mit fünf Mitbewohnern im Haus Riemke, einem Wohnprojekt für Menschen mit geistiger Behinderung. Der Trägerverein des Projektes möchte nun seine Arbeit ausweiten, und zusätzlich zu den stationären Wohngruppen auch ambulant betreutes Wohnen anbieten.
Nicht nur aktuelle Bewohner des Hauses kommen dafür in Frage, sondern auch geistig behinderte Menschen, die über einen Auszug aus dem Elternhaus nachdenken, Mitbewohner suchen oder schon eine eigene Wohnung bezogen haben, im Alltag aber Unterstützung brauchen.
Ende 2016 kam die Bewilligung
Ende 2016 bewilligte der Landschaftsverband in Münster einen entsprechenden Antrag des Vereins; im Frühjahr 2017 konnte ein Mitarbeiter für den Bereich ambulant betreutes Wohnen eingestellt werden: Dennis Schäfers. Der hat schon mal bei Wohnungsgesellschaften vorgefühlt, um Wohnungen im näheren Umkreis zu finden.
Dabei sei er mitunter auf Vorbehalte gestoßen, erzählt Schäfers. „Ich habe das Gefühl, dass da viele Ängste im Spiel sind.“ Etwa, dass die Miete nicht gezahlt wird, dass es Probleme mit anderen Mietern gibt, dass die Wohnung verwahrlost. „Da ist Aufklärungsarbeit nötig.“
Betreuer helfen beim Kochen, Einkaufen und Waschen
Am leichtesten ausräumen kann Schäfers die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Betreuten: Die Miete zahle ja das Amt. Und ihre Handicaps verursachen in der Regel weniger zwischenmenschliche Probleme, als vielmehr Schwierigkeiten dabei, den Alltag selbstständig zu organisieren.
Denn viele haben Schwächen im Rechnen und Lesen, können Mengen und Größen nicht richtig einschätzen und schon gar nicht vorausschauend planen oder mit Geld umgehen. Deshalb üben die Betreuer mit ihnen zum Beispiel das Einkaufen, Kochen, Wäschewaschen – kurz: einen eigenen Haushalt zu schmeißen.
Mehr Freiheiten, mehr Möglichkeiten
Etwas mühsam könne das mitunter sein, wenn die Betreuten nicht verstehen, warum sie so etwas üben sollen, erzählt Einrichtungsleiter Frank Tepasse. Mit der Aussicht auf eine eigene Wohnung aber eröffne sich ein Ziel, auf das es sich lohnt, hinzuarbeiten. Auch nach einem Auszug sind sie nicht völlig auf sich gestellt, sondern erhalten Unterstützung.
Trotzdem sind längst nicht alle schon bereit dafür. Aber viele könnten es schaffen, meint Tepasse. So wie Ulrike. Ihr ganzes bisheriges Leben hat sich in geschützten Räumen abgespielt: erst im Elternhaus, später in verschiedenen Wohnheimen und Behindertenwerkstätten.
Die neue Wohnung bedeutet für sie ein Stück neues Leben: mehr Freiheiten, mehr Verantwortung, mehr Wahlmöglichkeiten. Und wenn alles gut geht, könnte Ulrike damit für die anderen Bewohner im Haus Riemke auch zum Vorbild werden.
>>>>>Betreutes Wohnen, stationär jund ambulant
2001 eröffnete der Elternverein Integrationsmodell Bochum das Wohnprojekt „Haus Riemke“. Anfangs konnten acht Bewohner untergebracht werden, mittlerweile sind es 14.
Informationen zum neuen Modell „ambulant betreutes Wohnen“ (das im Übrigen auch andere Träger in Bochum anbieten), gibt es telefonisch unter 0234/ 540 97 82 oder per Mail:
DSchaefers@Haus-riemke.de