Bochum. . Die Nachfrage nach Diesel-Autos geht offenbar deutlich zurück. Freier Bochumer Händler hat keines mehr im Angebot. Auto-Experte fordert Umdenken.
- Bundesweit gehen die Absatzzahlen und Gebrauchtwagenpreise für Diesel zurück
- Bochumer Markenhändler möchten sich zum Kundenverhalten nicht äußern
- Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer hat sich beim Diesel längst positioniert
Vorerst kommt Sebastian Barnitzke kein Diesel mehr auf den Hof. „Wir haben alle abverkauft“, sagt der 37-jährige Autohändler aus Wattenscheid. „Zum Teil sogar zum Einkaufspreis.“
Zu groß war ihm das Risiko, auf den Fahrzeugen sitzen zu bleiben. „Wenn ich bei zehn Diesel-Autos 50 Prozent Verlust mache, dann kann ich den Laden dicht machen.“ Die Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen sei in den vergangenen Wochen deutlich zurückgegangen. Darauf habe er reagieren müssen.
3000 Fahrzeuge nachrüsten
Aus Sicht von Ferdinand Dudenhöffer ist das vor dem Hintergrund des Diesel-Skandals um Schummel-Software und der Debatte über den Stickstoff-Ausstoß von Diesel-Motoren kein Wunder. Der Bochumer, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg/Essen, sagt zumindest für den Gebrauchtwagenmarkt einen Preisrutsch bei Diesel-Fahrzeugen voraus. „Wenn nach dem Fahrverbot in Stuttgart die nächsten Urteile kommen, ist es zu spät, seinen Diesel noch zu verkaufen.“
Bei Neuwagen sei der Abwärtstrend längst zu spüren. Bis vor gut einem Jahr seien noch 50 Prozent aller Neuwagen Diesel gewesen, jetzt seien es nur noch 38 Prozent. Beim Verkauf an Privatkunden sei der Wert sogar schon unter 25 Prozent gesunken. „Das sind bundesweite Zahlen. Die dürften so oder so ähnlich auch in Bochum aussehen“, so Dudenhöffer.
Händler äußern sich nicht zum Thema
Nachgefragt hat die WAZ bei den Händlern vor Ort, mit welchen Fragen die Kunden mittlerweile in ihre Autohäuser kommen und ob sich die Diesel-Verkaufszahlen geändert haben. Die Händler indes, sofern es sich um markengebundene Häuser wie VW und Mercedes handelt, möchten sich dazu im Moment nicht äußern.
Die Tiemeyer-Gruppe ist derweil weiterhin damit beschäftigt, mit „Schummel-Software“ bestückte VW-Fahrzeuge umzurüsten. Das Software-Update betrifft nach Auskunft von Dirk Rosenberg, Geschäftsführer After Sales, etwa 3000 Fahrzeuge.
Bis Ende des Jahres werde das „Flashing“, wie das Updaten im Fachjargon heißt, beendet sein. Um die Umrüstung möglichst schnell und unkompliziert für ihre Kunden abzuarbeiten, seien in der gesamten Gruppe extra zwölf zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden.
Nun kommen nach dem Skandal um die Abschalttechnik bei Diesel-Motoren noch mögliche Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge hinzu. Spätestens jetzt, so „Auto-Professor“ Dudenhöffer, müssten Politik und Autohersteller umschwenken.
Aus seiner Sicht müsse Schluss sein mit der ungleichen Besteuerung von Benzin und Diesel, die seit 1985 insgesamt etwa 150 Milliarden Euro gekostet habe, müsse garantiert werden, dass jeder Diesel tatsächlich die Euro 6-Norm erfülle, müsse bundesweit endlich im großen Stil mit dem Ausbau der Infrastruktur für E-Mobilität begonnen werden. Und: „Wir brauchen wie etwa in Großbritannien eine Frist, ab wann keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. “
Günstige Diesel-Angebote
Der Verfechter von Elektromobilität, Mitbegründer des Netzwerks zur Förderung von Elektromobilität in Nordrhein-Westfalen, Ruhrmobil-e, hat sich derweil entschieden, seinen alten Diesel noch so lange zu fahren bis er auseinanderfällt. Dann werde er sich ein E-Auto anschaffen.
Der Handel scheint derweil auch seine Schlüsse zu ziehen. Sebastian Barnitzke, der seine Autos auch von großen Autohäusern bezieht, hat mittlerweile das eine oder andere Dieselfahrzeug zu besonders günstigen Konditionen angeboten bekommen. Er hat abgewunken.