Bochum. . Der Mordfall an der Rottstraße hat bei Nachbarn und Freunden Spuren hinterlassen. Die jüngsten Ergebnisse der Ermittlungen wecken Hoffnungen.
Auf der Webseite des Andza-Chors begegnet man Marlies B. so, als würde sie wie in den letzten 40 Jahren gut gelaunt zu den Chorproben erscheinen. Wären da nicht diese Kerzen und der Trauerspruch von Dietrich Bonhoeffer. Die Bilder der freundlichen Dame findet man unter „Aktuelles“. Der Mord an Marlies B. liegt allerdings schon fast ein halbes Jahr zurück.
Der Fall hat nicht nur der Kriminalpolizei Rätsel aufgegeben, sondern fast allen Menschen in Bochum. Es sah alles nach einem Krimi an der Rottstraße aus, aber nach einem, bei dem die Täter ungestraft davon kommen.
Freunde, Nachbarn und Wegbegleiter waren fassungslos und zutiefst bestürzt. Sie lebten in Angst, dass so ein Verbrechen noch einmal in der Nachbarschaft begangen werden könnte. Solch ein gnadenloser Gewaltakt an einem Seniorenpaar war für viele unvorstellbar und bleibt es noch.
„Jetzt besteht die Chance, mit der abschließenden Trauer zu beginnen“
Die am Dienstag präsentierten Ermittlungsergebnisse der Polizei geben Hoffnung. „Wir sind sehr erleichtert und hoffen, dass die Tat aufgeklärt wird“, sagt Wolfgang Zantow, Leiter des Andza-Chores. „Jetzt besteht die Chance, mit der abschließenden Trauer zu beginnen.“ Marlies B. war seit der Gründung des Chores dabei. Hier hat sie viel Zeit verbracht. Chorfreunde behalten ihre fröhlich-heitere Art in Erinnerung. Chorleiter Zantow vermisst besonders ihre „hervorragende und wunderschöne Stimme“. Man hat sich in den Gedanken immer wieder mit dem Fall beschäftigt und keine Erklärung gefunden.
Sandra Thiele hat den ganzen Tag Radio gehört und war auf die Ergebnisse der Pressekonferenz bei der Polizei gespannt. Ihre Änderungsschneiderei in der Rottstraße 9 teilte eine Wand mit der Parterre-Wohnung des Ehepaares B. nebenan. 20 Jahre lang war Marlies B. eine Stammkundin. Sie kam oft vorbei. Auch mal mit einer Flasche Sekt in der Hand. „Manchmal stelle ich mir vor, sie kommt wieder vorbei“, sagt Thiele. „Den meisten Kunden fällt ein Stein vom Herzen, dass da jemand gefasst wurde. Ich hoffe, der Mann gesteht und bekommt seine Strafe.“
„Warum hat sie bloß die Tür aufgemacht?“
Das Bild von den Blumen vor dem Haus nebenan bekommt Sandra Thiele so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Damals, als der Mord passiert ist, war sie noch nicht im Laden. Um 10 Uhr schließt sie erst auf. „Warum hat Marlies bloß die Tür aufgemacht?“
Dienstag war für sie ein wichtiger Tag im Fall Marlies B. „Es regnet heute nicht umsonst“, sagt sie, den Tränen nahe.