Langendreer. Besucher kommen zuhauf zum Sommerfest der Rudolf-Steiner-Schule.Hier finden Schnäppchenjäger auch ausgefallene Stücke

„Tschüss, wir gehen dann jetzt shoppen“, verabschieden sich Melanie und Freundin Claudia (beide 16) schon im Umdrehen, und ihre Mutter fährt nach kurzem Stop davon. Denn die Parkplatzsuche rund um Hauptstraße und Stiftstraße ist wie immer äußerst schwierig, wenn die Rudolf-Steiner-Schule zum Nachtflohmarkt einlädt.

Über 100 private Händler

Über 100 ausschließlich private Händler haben sich angesagt, allein 15 noch am Morgen vor dem bunten Treiben. Die Atmosphäre ist wohltuend entspannt auf dem weitläufigen Freigelände trotz der Schwüle und nicht endendem Zustrom. Da bekommt einer der vielen kleinen Gäste auch schon mal den Babyhut geschenkt, begleitet vom Kommentar: „Vielleicht noch etwas groß, aber das geht schon.“

Das Angebot ist groß, ob an Getränken oder Essen, vieles vegan, drogenfrei sowieso, wie die Schilder an den Eingängen klar machen. Anspruchsvolle Schnäppchenjäger aus Langendreer und den Nachbarstädten bummeln durch die Gassen entlang der Tapeziertische, an denen auch das ein oder andere ungeliebte Erbstück oder die abgelegte und fast vergessene Rarität wartet.

 Claus Kondziolka verkauft selbst reparierte Saiteninstrumente.
Claus Kondziolka verkauft selbst reparierte Saiteninstrumente. © Klaus Pollkläsener

Dorado für Sammler

Überhaupt, Sammler. Ob Romane, Kaffeeservices, abgeliebte Stofftiere, komplette Angelausrüstungen oder selbst gesammelte Mineralien von einer Exkursion, alles ist dabei für das spezielle Hobby. Wie bei Bärbel (61) und Claus Kondziolka (72), Instrumentensammler aus Passion. Am Stand des Paares finden Saiteninstrumente aus aller Herren Länder ihre Liebhaber, überholt im heimischen Wohnzimmer oder an der Werkbank im Keller, mit Teilen aus unzähligen Kästchen.

Nichts wird weggeworfen

Wegwerfen kann der rastlose Rentner nichts. Und bietet auch schon einmal auf der Wasserburg Kemnade Instrumente „zum Anfassen“, parallel zu den Stücken in den Vitrinen der Sammlung Grumbt. Beschwerden haben die Anhänger der Musik rund ums Mittelmeer oder vom Balkan noch nicht gehabt. Von ihrem Können konnten sich auch die Besucher der Auftritte des Ensembles „Balkan Blues“ in der Stadtbücherei im Uni-Center oder beim Kulturrat überzeugen.

Der wievielte Flohmarkt es dieses Mal ist, können sie ebenso wenig sagen wie Folkert Neumer am Infostand der Waldorfschule, der selbst schon neunmal dabei war. Aus bescheidenen Anfängen hat sich der Flohmarkt schnell zum Sommerfest entwickelt, es kamen immer mehr Essensstände dazu; diesmal betreiben die Schüler stattliche 13 und bieten Flammkuchen, Eis, Käsespieße, Bionade, Kaffeespezialitäten.

Musikalische Live-Begleitung auf der Bühne gibt es diesmal weniger als gewohnt, der Endspurt für die Abschlussklassen fordert seinen Tribut. Applaus ernteten die Künstler reichlich, ihre viel beachtete Premiere feierte die Band „Sunset on Jupiter“ der Werner Willy-Brandt-Gesamtschule mit Rock und Pop. Zustande kam der Kontakt, der mit gegenseitigen Besuchen gepflegt werden soll, beim diesjährigen „Bänke raus“-Spektakel am Alten Bahnhof, eine Vernetzung der eigenen Art.

>>>>>>>Schüler engagieren sich für Neubauten

Angst vor großen Namen haben sie hier sicher nicht, vor großen Zahlen auch nicht. „Yggdrasil“, die Weltesche aus der nordischen Mythologie, an deren Wurzel die drei Nornen, die weisen Frauen Skuld, Urd und Werdandi die Fäden von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenspinnen, liefert den vielsagenden Titel der eigenen Zeitung an der Rudolf-Steiner-Schule, die beim Nachtflohmarkt druckfrisch vorlag.

Jana Mosandel (15) aus der 9 b erklärt darin und natürlich auch direkt am Info-Stand für das Redaktionsteam, wofür die Einnahmen aus dem Verkauf von Shirts mit dem Schriftzug „Rudolf-Steiner-Schule“, Waffeln oder Marmelade am Infostand eingesetzt werden sollen.

Am Platz des alten Eurythmiesaales soll ein Neubau mit Schulmensa und Oberstufe entstehen, mit Fachräumen und kleinen Sälen. Das soll dann die drei Pavillons ersetzen, die hier schon seit 1992 „provisorisch“ und oft nur ungern genutzt werden. Überflüssig wird dann auch endlich das Café im Bauwagen.

„Schüler schaffen Räume“ heißt das ehrgeizige Projekt, für das insgesamt stattliche 150 000 Euro veranschlagt werden. Und es stört die begeisterten Aktiven nicht, dass sie vielleicht gar nicht mehr in dem Neubau essen oder unterrichtet werden. Das emsige Spendensammeln „macht auch Spaß“, unterstreicht Jana strahlend. „Wir wollen etwas verändern“ unterstreicht sie überzeugt und ohne Pathos.