Bochum. . In den Kammerspielen hat „Hagar“ Premiere. Die Gruppe Kainkollektiv begibt sich auf die Suche nach Gemeinsamkeiten der  Weltreligionen.

  • Die freie Bochumer Gruppe Kainkollektiv inszeniert zum zweiten Mal am Schauspielhaus
  • Am 28. Juni hat die Performance „Hagar“ Premiere, eine Chorstück mit Tanz, Musik und Video
  • Es geht um die Suche nach den gemeinsamen Ursprüngen von Christen-, Judentum und Islam

Die letzte große Inszenierung vor der Sommerpause am Schauspielhaus wird noch einmal eine Herausforderung. Am Donnerstag bringt die Bochumer Performance-/Theatergruppe Kainkollektiv „Hagar“ heraus: Eine musikalisch-theatralische Wanderung durch Zeiten und Welten auf der Suche nach den Ursprüngen (nicht nur) der christlichen Religion.

„Hagar“, das ist „die Fremde“: „Es handelt sich um eine wenig bekannte religiöse Figur, die jedoch sowohl im Christentum und Judentum als auch im Islam eine wichtige Rolle spielt“, sagt Fabian Lettow, mit Mirjam Schmuck Mastermind von Kainkollektiv. Die Beiden haben den Abend für die Bühne der Kammerspiele eingerichtet.

Abraham verstößt Leihmutter und Sohn

Hagar ist in der Bibel eine ägyptische Magd, mit deren Hilfe Abraham und seine Frau Sara ihre Kinderlosigkeit beenden wollen. Hagar wird zur Leihmutter, sie gebiert Abraham den Sohn Ismael. Doch als Sara später selbst schwanger wird und Isaak zur Welt bringt, verstößt Abraham Hagar und Ismael. Diese flüchten in die Wüste, wo sie beinahe verhungern.

„Ismael, der im Islam als Prophet verehrt wird, wird schließlich zum Stammvater der Araber und lässt damit die arabisch-islamische Tradition auch als eine verdrängte christlich-jüdische Familienaffäre lesbar werden“, sagt Lettow. Solche Zusammenhänge seien heute kaum mehr bekannt; nicht zuletzt geht es um die – eigentlich verbindende – Einsicht, dass die großen Weltreligionen gemeinsame Ursprünge haben: angesichts der zahllosen religiös motivierten Kriege eine nur schwache Hoffnung.

Mal alltäglich, mal schicksalhaft

Ausgehend von dieser Ur-Geschichte entwickelt Kainkollektiv sein „Chorstück über die Möglichkeit der unmöglichen Weltfamilie“. Dazu wurde ein Ensemble aus internationalen, multi-ethnischen Spielern und den beiden Schauspielhaus-Künstlern Kristina Peters und Simin Soraya gebildet. Ebenfalls wirken religiöse/kulturelle Gruppen aus christlichen und muslimischen Gemeinden mit, dazu ein Streichorchester, der Elektronik-Musiker Rasmus Nordholt-Frieling, der Video-Künstler Nils Voges sowie verschiedene Chöre, etwa der jüdische Chor Bat Kol David und der Bochumer Kinderchor.

Verpackt in dieses opulente inszenatorische Gesamtpaket, will die „Global Opera“ die mal alltäglich, mal schicksalhaft wirkenden Motive der Hagar-Geschichte ausloten – Eifersucht, Kinderwunsch, Liebe, Opfer, Glaube, Rettung erfahren unter Begleitung traditionsreicher Gesänge und Melodien der verschiedenen Glaubensgemeinschaften eine künstlerische Überhöhung. Aber vor allem auch eine bühnenwirksame Auskleidung von hohem ästhetischem Reiz.

Während die religiösen Verwicklungen der Gegenwart ins scheinbar Unabsehbare wuchern, inszeniert Kainkollektiv ein „Familienfest unter fremden Verwandten und entfernten Nachbarn“.Und Hagar ist die Schutzpatronin dieser ungewöhnlichen Zusammenkunft.

Infos zu den Aufführungen

Die Uraufführung am 29.6., 19.30 Uhr, in den Kammerspielen ist so gut wie ausverkauft, Restkarten an der Abendkasse.

Aufführungsdauer: ca. 2:20 Stunden, keine Pause.

„Hagar“ wird noch einmal am 2. Juli gezeigt und als Wiederaufnahme in die Spielzeit 2017/18 übernommen.