Bochum. . Seit einem halben Jahrhundert arbeiten Menschen mit Beeinträchtigungen in den Altenbochumer Werkstätten – und stellen zum Beispiel Tierurnen her.
- 280 Menschen mit Beeinträchtigung werden von den Altenbochumer Werkstätten betreut
- Konzept der Werkstätten hat sich seit Gründung genauso gewandelt wie die Gesellschaft
- Neben hoher Qualität, guten Preisen und Service hilft auch die Flexibilität der Werkstätten
Diesen Sommer werden die Altenbochumer Werkstätten 50 Jahre alt: Im August 1967 startete das erste pädagogisch angeleitete Arbeitsangebot für Menschen mit Beeinträchtigungen an der Goerdtstraße. Die Entwicklung erklärt Geschäftsführer Christoph Pasch: „Nach dem Krieg brauchte es neue Strukturen für Menschen mit Beeinträchtigung, zuerst begann es als Wohnangebot mit einer Anlernwerkstatt.“
Daraus entwickelten sich die Altenbochumer Werkstätten. „Im Zuge der Integrationsdebatte in den 1970ern haben sich die Arbeitsangebote von den Wohnungsangeboten gelöst.“ Das führte 1985 zum Umzug zu Auf der Heide, dem Hauptsitz der Werkstätten.
Recht auf Teilnahme am Arbeitsleben
Die Leitlinien haben sich seit damals geändert. Pasch: „In der aktuellen Debatte geht es um Inklusion. Menschen mit Beeinträchtigungen haben ein Recht auf Teilnahme.“ So versuchen die Werkstätten nur noch betreuend tätig zu sein, die Arbeitsplätze von der Werkstatt in die Unternehmen selbst auszulagern. Insgesamt 280 Menschen mit Beeinträchtigung werden von den Werkstätten betreut, zehn bis 25 Prozent von ihnen in ausgelagerten Arbeitsplätzen. Im Inklusions-Idealfall wären es 100.
Pasch: „Wenn man es ernst nimmt, müsste es keine Werkstätten als eigene Arbeitswelten mehr geben, sondern nur noch Sozial- und Gruppenleiter, die die Menschen betreuen.“ Das hänge aber natürlich auch mit dem Grad der Beeinträchtigung zusammen. Emilia Kunter, Bereichsleitung Förderbedarf, sagt: „Wir haben Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen, manche mit Mehrfachbeeinträchtigungen. Da gibt es einen größeren Unterstützungsbedarf, beim Essen oder der Toilettenassistenz.“ Der große Unterschied zwischen geistigen und körperlichen Behinderungen ist die Lernbeeinträchtigung. „Wenn sie querschnittsgelähmt sind, können sie noch in einer Bank arbeiten. Da sind unseren Kollegen in der Werkstatt Grenzen gesetzt“, sagt Pasch.
Mehr Aufträge aus anderen Kreisen
Keine Grenzen gibt es hingegen beim Wettbewerb, erklärt Guido Gosebrink, Bereichsleitung Produktion. „Grundsätzlich sind wir konkurrenzfähig. Für Auftraggeber ab einer gewissen Größe haben wir den zusätzlichen Vorteil, dass 50 Prozent des Lohnkostenanteils auf die Ausgleichsabgabe angerechnet werden kann.“ Diese Abgabe müssen Unternehmen zahlen, die niemanden mit Beeinträchtigung beschäftigen und deren Belegschaft größer als 20 ist. Dann müssten mindestens fünf Prozent der Angestellten eine Beeinträchtigung haben.
Die verringerte Industrieproduktion in Bochum bekommen die Werkstätten genauso zu spüren wie andere Unternehmen. Gosebrink: „Wir erhalten mehr Aufträge aus den umliegenden Kreisen. Produzierendes Gewerbe und den Mittelstand gibt es hier nicht mehr so wirklich.“ Ein Vorteil der Werkstätten ist, dass sie mittlere Stückzahlen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis abdecken, einen Alles-aus-einer-Hand-Service liefern und mit ihren Kunden wachsen. Gosebrink: „Für ein Start-up stellen wir Tierurnen aus Holz her, das hat sich von einem kleinen zu einem größeren Auftrag entwickelt, die laufen richtig gut.“ Verschmitzt grinsend fügt er an: „Die Sterberate bei Meerschweinchen ist einfach sehr hoch.“
>>> Die Hintergründe der Werkstätten
Ihren Ursprung haben die Werkstätten im Jahr 1967 an der Goerdtstraße, Träger ist d
as evangelische Johanneswerk.
Heute gibt es zwei Standorte: Auf der Heide und Dannenbaumstraße, mit 200 bzw. 80 Mitarbeitern.
Tätigkeitsbereiche sind: Montage/Verpackung, EDV-Arbeitsplätze, Digitale Archivierung, Schreinerei, Metallbauarbeiten (Fräsen und Drehen)