Bochum. . Beim „2. Hand Handelsplatz“ finden Trödelfans seit 1988 Alltagsdinge und Skurriles. Beinahe täglich kommen Waren aus Haushaltsauflösungen herein.
Die Langendreer Dorfmusikanten haben es geschafft: Ihr Werk liegt gleich neben der Weihnachtsmesse, zelebriert von Papst Johannes Paul II.
Ob die Interpreten schon früher zusammengefunden haben, in einem Wohnzimmerschrank, Typ Eiche rustikal, oder erst hier, in der Kassetten-Schublade beim „2. Hand Handelsplatz“, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen.
Lampen für jeden Geschmack finden Besucher beim Handelsplatz – die passenden Sitzmöbel stehen praktischerweise gleich nebenan. Eine Reise in die Vergangenheit
Der Besuch beim Handelsplatz an der Hermannshöhe 7, der Stammkundschaft auch als Flohmarkthalle bekannt, hat etwas von einer Zeitreise in die Vergangenheit fremder Menschen.
Ihr Hausrat findet sich hier, ihre angehäuften Besitztümer: alltägliches, und ein paar Merkwürdigkeiten. Fast täglich kommen Waren aus Haushaltsauflösungen herein.
Flohmarkthallen 1988 eröffnet
Jochen Benneker hat seine Flohmarkthallen 1988 eröffnet – er konnte noch nie gut Dinge wegwerfen: „Ich war immer schon mehr fürs Weiterverwerten.“
Also verkauft er, was sich noch verkaufen lässt: Porzellanfigürchen und Wandteller, Blutdruckmessgerät, Fleischwolf und Brillenetuis, Pokale, Gardinen, Mensch-Ärgere-dich-nicht-Püppchen – nach Farben sortiert, zwei Cent das Stück –, Salz- und Pfefferstreuer, „Langenscheidts Praktisches Lehrbuch Neugriechisch“ von 1984, Krücken neben hölzernen Spazierstöcken, deren Metallplaketten von der Reiselust ihrer Besitzer erzählen: „Reit im Winkl, Deutsche Alpenstrasse, Dechenhöhle Kaiserhalle“, und Kleidung, die pro Kilo abgerechnet wird.
Annette Scheidereit arbeitet seit zwölf Jahren beim Handelsplatz. Sie wundert sich hier über gar nichts mehr, sagt sie. Gibt es Gegenstände, die ihr besonders im Gedächtnis geblieben sind? „Puppenstubenmöbel aus Taubenfedern – die waren wirklich speziell.“
Neu verpackt oder alt und abgegriffen
Manchmal sind die Sachen noch originalverpackt, „zum Beispiel Bettwäsche aus den 80ern, mit Preisschild dran“. Den abgegriffenen Laubsägen und der verrosteten Flaschenzugrolle hingegen sieht man die arbeitsreiche Vergangenheit an.
Im Hof der Trödelhallen beäugt ein riesiges Stoffpferd aus einem Metallcontainer heraus die eintreffende Kundschaft. Daneben warten blaue Kühlakkus und ausgemusterte Tupperschüsseln auf künftige Grillparties. Sie werden nicht allzu lange warten müssen, meint Annette Scheidereit: „Vorratsdosen aus Plastik verkaufen sich besonders gut.“
Was sich so angesammelt hat in Wohnungen und Kellern und auf Dachböden findet neue Besitzer, wird auf andere Wohnungen und Keller und Dachböden im ganzen Ruhrgebiet verteilt.
Kunden sind auch Requisiteure
Manches landet auf Theaterbühnen, erzählt Annette Scheidereit: „Zu uns kommen auch Requisiteure.“ Und eingefleischte Trödelfans, so wie Kassandra Aufermann. Die 34-jährige hat früher in Bochum gewohnt und die Flohmarkthalle in guter Erinnerung behalten. Wenn sie nun ins Ruhrgebiet fährt, wird regelmäßig ein Besuch am Handelsplatz eingeplant – „hauptsächlich wegen der Bücher, daraus lässt sich sehr gut Briefpapier basteln“. Auch „Krimskrams“ nimmt sie gern mit: „Kerzenständer aus Messing, Müslischälchen, schöne alte Omasachen eben.“
Ja, hier gibt es alles, was man sich unter dem Begriff „Trödel“ vorstellen kann – und einiges, was man sich nicht darunter vorstellt.