Bochum. . Der Neue Chor der Stadt Bochum lud zu seinem Frühlingskonzert ein. Zu hören gab es nicht nur Klassisches, sondern auch kritische Lieder.

  • Der Neue Chor, gegründet 1947, zählt zu den ambitioniertesten Chören Bochums
  • Nun fand im Foyer des Anneliese-Brost-Musikforums das Frühlingskonzert statt
  • Geboten wurden Kompositionen der Romantik ebenso wie Lieder Wolf Biermanns

Sein Frühjahrs-Konzert gab der Neue Chor der Stadt Bochum im Anneliese-Brost-Musikforum in der sakralen Atmosphäre der wolkenweißen, hohen Halle der alten St.-Marien-Kirche. Der Nachmittag unter dem Motto „Im wunderschönen Monat Mai“ geriet zum beeindruckenden Konzerterlebnis.

Der Chor (Leitung Sebastian Voges) nahm die besondere Stimmung des Raumes direkt zu Beginn auf und hielt sie für den Rest des vielteiligen Konzertes fest. Es begann mit Kompositionen von Brahms, romantische Stücke wie „Abendständchen“, die ebenfalls ein wenig der Welt entrückt scheinen, zeitlos und erhaben.

Hohe Professionalität des Chores

Die hohe Professionalität des Chors spürte selbst der Laie sofort: Die liebevolle Ausgewogenheit der vielen Stimmen, das sanfte Ineinanderfließen der Harmonien – alles passte perfekt in die phänomenale Akustik des würdevollen Foyers.

Der Neue Chor der Stadt Bochum bei einem Konzert in der Christuskirche.
Der Neue Chor der Stadt Bochum bei einem Konzert in der Christuskirche. © Neuer Chor

Der Clou des Konzerts war indes, dass es sich eben nicht in dieser Stimmung erschöpfte. Es lohnt ein Blick auf die Auswahl der Stücke und Komponistinnen: Da ist zum Beispiel die Französin Mel Bonis (1858-1937), die ihre Klavierkompositionen trotz eines ihr aufgedrängten Hausfrauendasein zu Papier brachte – und gegen den Druck eines konservativen Frauenbildes. Oder Clara Schumann (1819-1896), Ehefrau des viel berühmteren Robert Schumann: Von Musiker-Kollegen wurde sie angefeindet, ihr Werk von Kritikern nicht ernst genommen – weil sie eine Frau war. Wer dies im Hinterkopf behielt, während sanfte, doch kraftvolle Stimmen sich aufschwangen, der bemerkte: Hier lag nicht nur Erhabenheit in der Luft, sondern auch Kampfgeist.

„Ermutigung“ gegen den Ungeist

Da ist es so überraschend wie folgerichtig, dass der Chor sich schließlich auch dem Werk des widerständigen DDR-Liedermachers Wolf Biermann widmete, etwa mit Liedern wie „Ermutigung“, das der Legende nach zum Protest in den Stasi-Gefängnissen gesungen wurde. Biermann selbst widmete das Lied seinem Freund, dem in der DDR verfemten Dichter Peter Huchel.

Es war eine besondere Art von Kampfgeist, die das Konzert des Neuen Chors verströmte: Er drängte sich dem Hörer nicht auf, war nicht immer präsent, sondern tauchte manchmal wie zwischen den Zeilen auf. Dies, gepaart mit der musikalisch aufgegriffenen Atmosphäre des Ortes, sorgte für ein beeindruckendes Konzerterlebnis.

>>> INFO: Chor wurde 1947 gegründet

  • Gegründet wurde der Neue Chor der Stadt Bochum von Günter Hildebrandt, einem Musikliebhaber und Autodidakten. Als privater – nicht städtischer – Chor sollte er im kriegszerstörten Bochum Jugendlichen eine Perspektive und der Stadt musikalische Erlebnisse schenken.
  • Infos zum Chor finden sich auf www.neuer-chor.de