Bochum. 500 Wahlhelfer zählten im Neuen Gymnasium die Stimmen von 85 Briefwahlbezirken aus. Vereinsheim von Kornharpen feiert Premiere als Wahllokal.

Drei, zwei, eins – los. Punkt 18 Uhr beendeten 500 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer im Neuen Gymnasium ihre auferlegte Zurückhaltung und griffen zu den Briefumschlägen. Etwa 50.000 Bochumerinnen und Bochumer machten diesmal – trotz der Panne bei der Auslieferung einer größeren Charge von Wahlunterlagen – von der Briefwahl Gebrauch – etwa 13 000 weniger als bei jüngsten Oberbürgermeister-Wahl 2015. „Zwischen zwei und drei Stunden sollten wir brauchen, bis wir alle Stimmbezirke ausgewählt haben“, sagte Briefwahleiter Timo Zielinski voraus.

Der 41-Jährige sollte Recht behalten. Um 21 Uhr standen die Ergebnisse in den meisten Briefwahlbezirken fest. Alle Stimmen, die schon vor dem eigentlichen Wahltag abgegeben und die per Post oder durch Direkteinwurf bei der Stadt abgegeben wurden, zählten die Helfer am Sonntagabend im Briefwahlzentrum aus. Kurz vor sechs standen dann die 85 blauen Wahltonnen Kopf – ausgekippt wurde je eine für jeden Briefwahlbezirk. Der Inhalt landete auf den Tischen in mehr als 40 Klassenräumen. Und dann ging es los mit dem Zählen. Bis zu 700 Wahlzettel kontrollierten die je sechsköpfigen Teams.

Premiere in Kornharpen

„Theoretisch könnten wir auch schon vorher zählen“, sagt Timo Zielinski. „Die Stimmzettel sind ja da. Sie dürfen aber noch nicht eingesehen werden.“ Schließlich könnten Vorabresultate, die nach draußen dringen, das Ergebnis der Urnenwahl beeinflussen. Froh ist der Briefwahlleiter darüber, auch diesmal wieder genügend Helfer gefunden zu haben. „Allerdings wird das von Wahl zu Wahl schwieriger.“ Insgesamt 248 Wahllokale mussten diesmal bestückt werden.

Viele dieser Lokale sind mittlerweile in Zweckbauten untergebracht. Viele, aber nicht alle. So feierte das Vereinsheim des SV Vorwärts Kornharpen seine Wahlpremiere. „Früher wurde ja immer in ‘Zur guten Quelle’ gewählt“, erinnert sich Wahlhelfer Willi Pohl an die alteingesessene Kneipe. „Da hat man Leute getroffen, die man schon länger nicht mehr gesehen hat und nach dem Wählen noch ein Bier getrunken und sich unterhalten.“

Weg zu weit und zu beschwerlich

Als die „Quelle“ schloss, war es vorbei mit der Gemütlichkeit. Gewählt wurde in den vergangenen Jahren der Lina-Morgenstern-Schule an der Havelstraße. „Oben auf’m Berg“, wie es in Kornharpen hieß. Und das war nach dem Geschmack vieler Bürger zu weit und zu beschwerlich. „Deshalb hat es den Antrag gegeben, das Wahllokal ins Vereinsheim von Vorwärts zu verlegen“, so Timo Zielinski. „Dem sind wir gerne nachgekommen.“

Am Ende wurde es ein gemischter Wahlsonntag für Vorwärts. Die als Absteiger aus der Fußball-Bezirksliga feststehende erste Mannschaft holte einen Punkt gegen Herne-Süd und übertraf damit die Erwartungen. Aber im Wahllokal blieb die Beteiligung mit 39,60 Prozent unter dem Durchschnitt. Immerhin: 472 Wähler gaben ihre Stimme ab. Und einer von ihnen hatte dabei den richtigen Riecher: „Das gibt eine große Überraschung“, sagte Gregor Klima voraus, nachdem er am Nachmittag in Reichweite zum Vorwärts-Tresen seine Stimme abgeben hatte. Er sollte Recht behalten.

Langer Wahlabend

Und während am Ende des Sonntags bei Vorwärts die Hocker an die schmucke Bar geschoben und die Tür des Vereinsheims abgeschlossen wurde, hatten sie wenige Kilometer weiter im Neuen Gymnasium noch zu tun. „Das wird ein ganz langer Abend“, hatte Timo Zielinski vorausgesagt. Schließlich mussten die 50.000 Briefwahlstimmen noch in die Junggesellenstraße gebracht werden, wo sie in den nächsten Tagen liegen, ehe sie im Archivkeller verschwinden, mussten alle Wahltonnen abtransportiert, alle Tische wieder an ihren Platz und die gesamte Schule besenrein übergeben werden. Schließlich ist heute Unterricht – Wahl hin oder her.