Bochum. . Im Prozess gegen den mutmaßlichen Uni-Vergewaltiger hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Handy-Fotos hatten auf seine Spur geführt.

  • Im Prozess um die Vergewaltigungen an der RUB hat es eine überraschende Wendung gegeben
  • Der Angeklagte hat Mittwoch ein Geständnis abgelegt und beide Verbrechen zugegeben
  • Handy-Fotos hatten die Polizei auf die Spur des 32-Jährigen geführt

Überraschende Wendung im Prozess um die Vergewaltigungen im Umfeld der Ruhr-Universität: Der 32-jährige Angeklagte hat sein monatelanges Schweigen gebrochen und am Mittwoch (10.) beide Verbrechen zugegeben. „Er ist voll umfänglich geständig“, teilt sein Anwalt Egbert Schenkel mit. Die Beweislast, insbesondere die DNA-Spuren, erschienen zu erdrückend.

Der Flüchtling und Familienvater aus dem Irak soll im vergangenen Jahr zwei chinesische Studentinnen mit großer Brutalität überwältigt und missbraucht haben. Auf seine Fährte brachten die Polizei Fotos, die der Lebensgefährte des zweiten Opfers (auch er ein Chinese) auf seinem Handy machte. Am Mittwoch, nur zwei Stunden vor dem Geständnis, hatte der 26-Jährige als Zeuge vor dem Landgericht ausgesagt. „Dass ich zur Aufklärung beitragen konnte, erfüllt mich mit Genugtuung“, sagte er im WAZ-Gespräch.

26-Jähriger reagiert geistesgegenwärtig

November 2016: Die Vergewaltigung seiner Freundin (28) liegt zwei Wochen zurück, als der angehende Ingenieur kurz nach 17 Uhr auf dem Heimweg von der Uni ins Wohnheim ist. Im Wäldchen an der Max-Imdahl-Straße, ganz in der Nähe des Tatortes, hört er ein Rascheln. Im Gebüsch kauert ein Mann. Der 26-Jährige reagiert geistesgegenwärtig. Und mutig. Er zückt sein Handy und fotografiert den Unbekannten aus drei, vier Metern Entfernung. Denn er ahnt: Das könnte der Vergewaltiger sein, nach dem die Polizei seit dem ersten Verbrechen im August mit einem Phantombild fahndet.

Per WhatsApp sieht seine Freundin die Fotos binnen Sekunden auf ihrem Mobiltelefon. „Das könnte er sein“, schreibt er. „Der sieht ihm ähnlich!“, bestätigt sie. Der Fremde hat offenbar nicht gemerkt, dass er fotografiert wurde. Dennoch rennt er davon. Im Zickzack-Kurs. Der Student versucht zu folgen. Vergeblich. Er wählt die 110. Höchste Zeit, die Polizei zu informieren.

Für die Ermittler sind die Handy-Bilder der entscheidende Hinweis. Massen-Speicheltests waren bereits in Vorbereitung. Nun aber geht alles ganz schnell. Der Mann auf den Fotos ist ein 32-jähriger Asylbewerber aus dem Irak. In einem Wohnheim wird er angetroffen, später festgenommen. Ein Abgleich mit den DNA-Spuren ergibt: Mutmaßlich gehen beide Vergewaltigungen auf sein Konto. Einer der Studentinnen hatte er mit einem Schnürsenkel die Luft abgeschnürt. Ein Rechtsmediziner wertet das als „lebensbedrohlichen Angriff“.

Kein Name, kein Foto

Was der Angeklagte in dem Gebüsch gewollt hat, bleibt offen. Er schwieg seit Prozessbeginn beharrlich, machte am Mittwoch noch kurz vor seinem Geständnis einen abwesenden, fast apathischen Eindruck. In seiner ersten Vernehmung hatte er gesagt, in dem Wäldchen seinen Stuhlgang verrichtet zu haben. Fortgerannt sei er, weil er seinen Sohn pünktlich von der Schule abholen wollte. Es gilt aber nicht als ausgeschlossen, dass er einem weiteren Opfer aufgelauert hat.

Hat der Student eine dritte Vergewaltigung vereitelt? „Wichtig ist, dass die Polizei Erfolg hatte“, gibt er sich gegenüber der WAZ betont bescheiden. Er bittet, dass kein Name, kein Foto veröffentlicht wird: „Es geht um meine Freundin. Sie wäre über mich leicht identifizierbar“ – und damit aus ihrer Sicht für alle Zeiten als Opfer eines Sex-Verbrechens gebrandmarkt. „Wir möchten nur eines“, sagt der 26-Jährige. „Unser Leben weiterführen. Und in Deutschland bleiben.“

Der Prozess wird am 16. Mai mit den Plädoyers fortgesetzt.

>>> INFO: Studentin leidet massiv unter der Gewalttat

  • Die 28-jährige Studentin leide noch immer massiv unter der Gewalttat, schildert ihr Freund: Vor allem in der Freizeit, wenn die Gedanken immer wieder um den Tag des Grauens kreisen.
  • Der Bruder des Angeklagten verfolgt den Prozess. Gestern Mittag kam es zu einem Gespräch zwischen den Geschwistern. Kurz danach gestand der 32-Jährige die beiden Vergewaltigungen.