Bochum. . Krankenkassen feilschen um die Leistungen der freiberuflichen Hebammen. „Immer wieder wurde an unserem Stuhl gesägt“, sagt eine Betroffene.

  • Gesetzliche Krankenkassen feilschen weiter um die Leistungen der Hebammen
  • Die Bochumer Hebamme Heike Paunova berichtet, was der Mangel an Geburtshelferinnen bewirken kann
  • Obwohl Haftpflichtprämien entschärft wurden, bessert sich die Situation der Hebammen nur bedingt

In dieser Woche arbeitet Heike Paunova seit 30 Jahren als Hebamme. „Seit ich darüber nachdenke, wurde immer wieder an unserem Stuhl gesägt“, sagt die 52-Jährige. Anfang der 80er Jahre sollte sogar schon mal die Hinzuziehungspflicht gekippt werden, was hieße, dass Ärzte gesetzlich nicht mehr dazu verpflichtet wären, eine Hebamme zur Geburt hinzuzuziehen.

Soweit ist es nicht gekommen, doch ein erfülltes Berufsleben als Hebamme ist wohl nur mit Herzblut möglich. Denn eines ist bei dem Besuch in der Hebammenpraxis Isis deutlich spürbar: Hier geht es um Frauen, die ihre Kinder bekommen.

Das passt schwerlich mit den ökonomischen Zwängen der Versicherer und Krankenhäuser zusammen, die ein zum Teil berufs- und menschenfernes Handeln zur Folge haben können. „Während sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Ärzten und den Hebammen meiner Ansicht nach gut entwickelt hat, besteht der Konflikt vor allem zwischen uns und den Versicherern.“

Versicherer stellen Bedingungen

Problematisch war bislang, dass die Haftpflichtversicherungsbeiträge für Geburtshilfe der Hebammen rasant in die Höhe stiegen, so dass eine Beleghebamme (freiberuflich), die die Frau ins Krankenhaus begleitete, kaum noch Gewinne erzielen konnte. Heike Paunova zahlt aktuell fast 7000 Euro im Jahr an die Versicherung und bekommt rund 270 Euro pro Beleggeburt im Krankenhaus.

Die Wende kam 2015, als die gesetzlichen Krankenversicherer den Hebammen einen höheren Zuschuss zur Haftpflichtprämie zusagten, in Paunovas Fall immerhin 5000 Euro. Allerdings sind an diese Entscheidung Bedingungen geknüpft. „Es gibt Auflagen, zum Beispiel, dass ein ärztlicher Besuch drei Tage nach Überschreitung des Geburtstermins vorausgesetzt wird, bevor eine Hausgeburt möglich ist. Das beschneidet mich in meiner Kompetenz“, sagt Paunova.

System der Beleghebammen würde abgeschafft

Äußerst problematisch sieht die 2. Kreisvorsitzende des Deutschen Hebammen-Verbandes (DHV) auch die aktuelle Zusage der Krankenkassen, Beleggeburten im Krankenhaus mit 367,20 Euro statt 271,94 zu vergüten. Was eigentlich nach mehr klinge, sei am Ende weniger. Der DHV: „Die Neuregelungen besagen, dass Beleghebammen im Schichtsystem in einer Klinik zukünftig nur noch zwei Frauen gleichzeitig betreuen dürfen. Jede weitere Leistung ist nicht mehr abrechenbar.“ Das System der Beleghebammen, die rund 20 Prozent der Geburten begleiteten, würde dadurch abgeschafft, heißt es weiter.

Eine Folge sei der häufigere Einsatz von Schmerzmitteln: „Ich höre immer wieder aus der Anästhesie, dass sie, wenn es voll ist, häufiger gerufen werden. Es ist schon traurig, dass Schmerzmittel in diesem Fall die menschliche Betreuung ersetzen müssen“, so Paunova.

>>> Info: In Deutschland fehlen Hebammen

  • Die berufspolitischen Konflikte führen dazu, dass es zu wenig Hebammen gibt. Die Hebammen in den Kliniken sollen nicht selten komplett überlastet sein.
  • Bei diesem Beruf stimmt das Preis-Leistungsverhältnis nicht. Ich bin im Grunde mein ganzes Leben im Stand-by-Modus und auf Abruf, wenn ich schwangere Frauen betreue. Wer möchte das schon machen unter diesen Bedingungen“, so Paunova.