Bochum. Drei Bochumer Firmen konkurrieren erfolgreich am ersten Arbeitsmarkt. Behinderte und Nichtbehinderte arbeiten Hand in Hand.
- 160 Integrationsfirmen in Westfalen-Lippe beschäftigten Menschen mit Handicaps
- Drei dieser Unternehmen kommen aus Bochum; sie behaupten sich am Markt
- Behinderte und nichtbehinderte Beschäftigte arbeiten dabei Hand in Hand
Routiniert streicht Kevin Vahrenholt (24) Wände und Decken einer Wohnung in Bochum. Seine Kollegen verputzen und verspachteln in den anderen Räumen. So sieht ein typische Arbeitstag in der ansonsten eher untypischen Firma „Allerhand“ aus. Denn sie ist eine der drei Bochumer Integrationsfirmen, deren Mitarbeiter zum Teil an Schwerbehinderungen leiden und sich trotzdem auf dem ersten Arbeitsmarkt behaupten. Dazu gehören auch die Villa Claudius (Gastronomie- und Hotel-Sektor) sowie das Büro für leichte Sprache (Übersetzungen).
Mitten drin im Leben
Im gesamten Kreis Westfalen-Lippe gibt es 160 Integrationsfirmen, die sich in verschiedenen Branchen mit der Konkurrenz messen. „Es sind ganz normale Betriebe, die sich auf dem freien Markt behaupten müssen. Sie wirtschaften nicht in Schutzräumen. Ihre Arbeitswelten sind mitten drin im Leben“, sagt Matthias Münning, Sozialdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).
Die Mitarbeiter mit schweren Behinderungen sind häufig den Anforderungen anderer Firmen nicht gewachsen. Schwierigkeiten, bestimmte Mindestanforderungen zu erfüllen, oder mangelnde Flexibilität im Arbeitsalltag sind Gründe dafür, weshalb sie auf dem ersten Arbeitsmarkt wenig Chancen haben, eine Arbeitsstelle zu finden.
Spezielle Konzepte werden eingesetzt
Und genau diesem Problem begegnen die Integrationsfirmen, denen es mithilfe spezieller Konzepte und Förderungen gelingt, Mitarbeiter mit Schwerbehinderungen ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen und zu fördern.
„Viele Arbeitsschritte müssen kleinteiliger als bei Menschen ohne Einschränkungen strukturiert sein, sonst sind die Mitarbeiter schnell überfordert“, erläutert Christoph Kunzmann, Leiter des Hotel- und Gastronomiebereichs der Villa Claudius, einer weiteren Bochumer Integrationsfirma.
Verständnis haben, sich Zeit nehmen und auf die jeweiligen Bedürfnisse und Eigenheiten der Mitarbeiter Rücksicht nehmen: Das sind einige von vielen Aspekten, in denen sich Integrationsfirmen von herkömmlichen Unternehmen unterscheiden.
Unterschiedliche Handicaps
Die Erkrankungen, an denen die Mitarbeiter leiden, reichen von körperlichen Gebrechen, wie Bandscheibenvorfällen oder Krebserkrankungen, bis hin zu Depressionen oder Lernschwierigkeiten. Auch die unterschiedlichen Handicaps gehören zum Alltag in den Integrationsfirmen. „Manchmal muss man eben auch eine zweite Meile gehen, um zum Ziel zu kommen“, sagt Joachim Stahlschmidt, Geschäftsführer der Villa Claudius.
Den Menschen die Chance zu geben, sich zu entfalten, zu entwickeln, gefördert zu werden und sich zu behaupten, das eint die Integrationsfirmen, die sich ansonsten stark voneinander unterscheiden. Aber auch betriebsintern sind die Aufgaben der Mitarbeiter vielfältig. „Ich schätze vor allem die Vielseitigkeit der Arbeit und das super Verhältnis zu den Kollegen“, sagt Andreas Junaschew, bereits seit über zwei Jahren bei der Firma „Allerhand“ als Maler beschäftigt.
Ein immer wiederkehrendes Problem, so der Leiter des Malerbereichs bei „Allerhand“, Matthias Reichmann, ist die Sorge von Neukunden um die Qualität der Arbeitsleistung. „Das Schönste ist es dann, wenn man Neukunden von der Qualität der Arbeit überzeugen konnte.“