Bochum. Im Bochumer Hospiz arbeiten 50 ehrenamtliche Helfer. Sie begleiten die Gäste an ihren letzten Tagen. Es ist eine überraschend freudvolle Aufgabe.

  • Etwa 50 ehrenamtliche Helfer unterstützen die Arbeit im Hospiz St. Hildegard
  • Pure Selbstlosigkeit ist nicht unbedingt der Antrieb für ihr soziales Engagement
  • Und nicht wenige Helfer machen erstaunliche Erfahrungen

Der Regen prasselt aus grauen Wolken auf den Vorhof der Villa Gröppel im Ehrenfeld, an dem Haus hängt ein Schild: Hospiz St. Hildegard. Beim Blick darauf stellt sich ein Gefühl der Bedrückung ein. Denn nur wenige Worte sind so mit Sterben verbunden wie eben dieses: Hospiz. Die Bedrückung ändert sich beim Treffen mit Angelika Knabe und Carl Goerdeler allerdings ganz schnell. Die beiden arbeiten als Ehrenamtliche im stationären Hospizdienst, in dem rund 50 Helfer aktiv sind. Sie geben einen Einblick in ihre Arbeit.

Getragen wird die Hospizarbeit von einem ökumenischen Grundgedanken: Stationär gibt es elf Einzelzimmer, Träger ist die Caritas, bei der ambulanten Hospizarbeit der evangelische Kirchenkreis. Ohne Spenden würde es allerdings nicht gehen: etwa 800 Euro pro Tag aus freiwilligen Zuwendungen sind zum Unterhalt nötig.

Es ist nicht nur pure Selbstlosigkeit dabei

Die Atmosphäre im Hospiz war auch für Angelika Knabe die erste Überraschung. „Am meisten hat mich anfangs die Stimmung gewundert: Sie ist nicht tragisch, sondern positiv.“ Dies gelte für die Gäste und das Pflegepersonal. „Die Gäste wissen um ihre Situation, warum sie hier sind, aber sie sind nicht besonders aggressiv oder leidvoll, sondern es gibt sehr viel Schönes.“ Pure Selbstlosigkeit treibt sie bei ihrem Engagement nicht an. „Es ist auch ein bisschen egoistisch, dass man das Gefühl hat, gebraucht worden zu sein.“

Tag der offenen Tür im St. Hildegard-Hospiz

Zum Tag der offenen Tür lädt das Hospiz St. Hildegard an der Königsallee 135 am Samstag, 25. März, von 14 bis 18 Uhr sowie am Sonntag, 26. März, von 10 bis 18 Uhr ein.

Neben Informationen zur Hospizarbeit gibt es einen Flohmarkt, Bücherbasar, Handwerkliches, Kaffee, Kuchen und Waffeln. Informiert wird auch über die Ausbildung für die ehrenamtliche Hospizarbeit. Am 29.6. wird es dazu noch einen eigenen Infoabend geben. Der nächste Vorbereitungskurs startet anschließend nach den Sommerferien.

Der Vorbereitungskurs teilt sich auf in zwei Abschnitte: Das erste halbe Jahr ist eher theoretisch. Im zweiten Halbjahr begleitet die Anwärter einen Ehrenamtlichen. Weitere Informationen: 0234/ 307 90 23, www.hospiz-st-hildegard.de

Zählen würden die kleinen Dinge, wie das Kleinschneiden eines Pfannkuchens. Das sieht Carl Goerdeler genauso. Die Menschen in ihrer Individualität ernst zu nehmen, sei das wichtigste. „Bei jedem einzelnen muss man sehen, was angebracht ist.“ Das könne ein Gartenspaziergang oder ein Schachspiel sein. Mit einem Augenzwinkern fügt der ehemalige Pfarrer an: „Ich würde jetzt niemandem einfach Bibelworte an den Kopf werfen, das wäre völlig falsch.“

Die Arbeit ist manchmal belastend

Kraft kostet weniger die Arbeit an sich. Knabe: „Ich empfinde die Anzahl der Sterbenden manchmal als belastend. Wenn ich montags zum Dienst komme, und es sind welche gestorben, die ich gar nicht kannte, obwohl ich jede Woche im Haus bin. Oder fünf, die ich betreut habe.“ Doch darin werden die Ehrenamtlichen von Seiten des Hospiz unterstützt. Einmal im Monat gibt es Reflexionsrunden, bei denen man lernt, mit dieser Situation umzugehen. Gelernt wird auch von den Gästen selbst, wie Goerdeler feststellt: „Man kann bei Sterbenden das Sterben lernen.“

Das Hospiz St. Hildegard steht in der Königsallee 135 im Stadtteil Wiemelhausen.
Das Hospiz St. Hildegard steht in der Königsallee 135 im Stadtteil Wiemelhausen. © Ingo Otto

Generell wird auf dieses Ehrenamt sehr gewissenhaft vorbereitet (siehe Infokasten). Es ist allerdings weniger der Umgang mit den Gästen, der sich als schwierig erweist. Bei ihnen ist es „sicherlich ein Prozess. ,Warum ich?’ Es muss auch mal die Wut raus“, erklärt Goerdeler. Anders sei es bei den Angehörigen. Knabe: „Da ist es häufig schwieriger. Die Gäste haben realisiert und meistens akzeptiert, warum sie hier sind. Dann sagen die Angehörigen: ,Du musst essen, du sollst doch noch lange hierbleiben’.“ Aber: „Essen bedeutet Leben, wenn du isst, geht es dir gut.“ Und dies sei bei den Gästen eben eher nicht der Fall.

Bedrückung weicht der Freude

Etwas verblüfft reagieren Umstehende, wenn die Ehrenamtlichen sich „viel Spaß im Hospiz“ wünschen. Angelika Knabe lacht und erläutert: „In unserem Kreis ist es normal, das zu sagen. Da fällt anderen schon mal die Kinnlade runter.“ Und nachdenklich ergänzt sie: „Es ist eigentlich nicht Spaß, sondern Freude, dass jemand anderes etwas von mir hat.“

Beim Abschied noch ein letzter Blick auf besagtes Schild am Hauseingang: Hospiz St. Hildegard. Die Bedrückung ist tatsächlich der Freude gewichen.