Bochum. Die Lidl-Erpresser sind vom Bochumer Landgericht zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatten vor drei Lidl-Filialen Sprengsätze gezündet.

  • Schwurgericht verurteilte die beiden Lidl-Erpresser unter anderem wegen versuchten Mordes
  • Durch Sprengstoff hätten sie den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen
  • Angeklagte waren geständig, stritten aber ab, dass sie jemanden hätten verletzen wollen

Die Staatsanwaltschaft wollte für die beiden Lidl-Erpresser die Höchststrafe – lebenslänglich. Aber das Schwurgericht verurteilte die 54-jährige Frau und ihren 48-jährigen Lebensgefährten am Donnerstag zu jeweils zehn Jahren Haft.

Mit selbstgebastelten Rohrbomben hatte das arbeitslose Paar aus Gelsenkirchen in drei Fällen den Lebensmittel-Discounter zu erpressen versucht. In und an Filialen in Wattenscheid und Bottrop (jeweils 2012) sowie im April 2016 in Herten zündeten sie Sprengsätze. Anfangs forderten sie per E-Mail zehn Millionen Euro, sonst gebe es weitere Anschläge. „Zahlen Sie oder sterben Sie! Sonst werden Ihre Mitarbeiter und Kunden dran glauben!“, hieß es in E-Mails.

Erpresser rühren Geld aus Angst vor Entdeckung nicht an

Nach und nach zahlte Lidl tatsächlich gut eine Million auf ein Pre-Paid-Geldkartenkonto. Aber aus Angst vor Entdeckung rührten die Erpresser das Geld nicht an. Erst nach dem dritten Anschlag in Herten hoben sie – teilweise mit einer Gummimaske maskiert – Geld ab, allerdings insgesamt nur 1800 Euro. Im Juli wurde das Paar festgenommen.

Die schwerste Explosion war die in der Getränkerückgabe der Filiale in Herten. Anders als in Wattenscheid und Bottrop entstand dort nicht nur Sachschaden, sondern es wurde eine Mitarbeiterin durch umherfliegende Splitter am Bein verletzt. Zudem erlitt sie ein Knalltrauma. Die Richter werteten diese Explosion, die 180 Meter vom Tatort entfernt per Funk vom Handy aus gezündet worden ist, als versuchten Mord. „Sie nahmen billigend die Verletzung, möglicherweise auch die Tötung von Menschen in Kauf“, sagte Richter Josef Große Feldhaus. Sie hätten zwar nicht beabsichtigt, Menschen zu töten. Aber sie seien damit „einverstanden“ gewesen, wenn jemand umgekommen wäre. Eine tödliche Verletzung sei ihnen „gleichgültig“ gewesen. Das Täterpaar hatte einen Sprengsatz aus Schwarzpulver (gewonnen aus Silvesterböllern) und flüssigem Butangas gebaut. Nur durch einen technischen Zufall im Sprengsatz war die Explosion nicht tödlich.

Das Gericht verurteilte das Paar nur deshalb nicht zu lebenslänglich, weil das Leben der Lidl-Mitarbeiterin zwar „abstrakt, aber aufgrund glücklicher Umstände nicht konkret gefährdet war“.

Die Angeklagten waren geständig, stritten allerdings ab, dass sie jemanden hätten verletzen wollen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.