Bochum. . RUB-Forscher entwickeln Sensorsystem für Sehbehinderte, der Blindenstöcke überflüssig machen könnte. Sie orientieren sich dabei an der Tierwelt.

  • Forscher der Ruhr-Universität Bochum entwickeln einen Radar für Blinde und Sehbehinderte
  • Er soll Blindenhund und Blindenstock zukünftig überflüssig machen
  • Spezielle Sensoren am Kopf oder Körper erfassen die Umgebung per Radar.

Gute Ideen können auch beiläufig entstehen. So war es zumindest mit dem Gedanken daran, Radartechnologie dafür zu nutzen, dass zukünftig blinde und sehbehinderte Menschen eine bessere Orientierung haben. Sie sollen die Welt wie eine Fledermaus wahrnehmen. Ein entsprechendes Sensorsystem entwickeln Forscher der RUB gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft im Projekt Ravis-3D.

Blindenhund und Blindenstock werden überflüssig

„Wir beschäftigen uns ja schon länger mit Sensorik-Themen“, sagte dazu Prof. Dr. Nils Pohl vom Lehrstuhl für Integrierte Systeme der Ruhr-Uni. „Aber die Idee mit dem Blindenradar kam uns so nebenbei.“ Sie könnte das Leben von sehbehinderten und blinden Menschen massiv verändern.

Bisher halfen ihnen Blindenhund und Blindenstock sich zu orientieren. Der Plan der Partner im Projekt Ravis-3D ist folgender: Spezielle Sensoren am Kopf oder Körper erfassen die Umgebung per Radar. „Dank Radartechnologie, ähnlich der, die zukünftig autonomes Fahren ermöglichen wird, funktioniert die Sensorik auch bei schlechten Lichtverhältnissen und bei Regen“, sagt Pohl.

Tonhöhe und Tonfrequenz helfen

Die Umgebung wird in Echtzeit in Audiosignale übersetzt, es entsteht eine 3D-Audioumgebung, die dem Nutzer über ein Hörgerät dargestellt wird. Das System soll Hindernisse und Bewegungen durch unterschiedliche Tonhöhen oder Tonfrequenzen aus der entsprechenden Richtung kommend darstellen. „Um die 3D-Audioumgebung nutzbar zu machen, ist ein sehr kleines, aber schnelles Rechensystem notwendig“, sagt Prof. Dr. Michael Hübner vom Lehrstuhl für Eingebettete Systeme. „Es muss die Radardaten in Echtzeit verarbeiten und Bewegungen des Nutzers sowie Drehungen des Kopfes mit einberechnen. So kann es ein 3D-Umfeld erzeugen und über das Hörgerät ausgeben.“

Die Technik soll es dem Nutzer möglich machen, Hindernisse zu erkennen, Entfernungen einzuschätzen und sich verhältnismäßig natürlich in der Umgebung zu bewegen.

Noch fünf Jahre mindestens bis zur Alltagstauglichkeit

Pohl geht davon aus, dass es mindestens fünf Jahre dauern wird, bis diese Technologie alltagstauglich ist und noch etwas länger, bis sie in Produktion gehen kann. „Wir werden weiter forschen und müssen diesen Radar vor allem kleiner machen. Dass er funktioniert, haben wir schon nachgewiesen. Wir sind mit seiner Hilfe blind durch einen Raum mit Hindernissen gegangen. Auch ein Blinder hat das ausprobiert. Er war doppelt so schnell wie wir.“