Bochum. . Aus der Notlösung wurde ein Glücksfall: Der Mummenschanz lockte auch in der Stadtpark-Gastronomie fast 1000 bunt kostümierte Besucher an.

  • Erstmals nach 14 Jahren musste der Mummenschanz vom Museum in den Stadtpark wechseln
  • Doch auch im Exil funktionierte die Mischung aus Konzert und Kostümball am Samstag vortrefflich
  • Dafür sorgten die kreativen Besucher ebenso wie Live-Musiker, allen voran „Pay Attention“

Funktioniert der Mummenschanz auch außerhalb der heiligen Museumshallen? Veranstalter Michael Retter war nicht sicher. Deshalb hatte er den Kostümball abgesagt, als im Sommer 2016 feststand, dass das Kunstmuseum wegen der Dachsanierung im Karneval 2017 erstmals nach 14 Jahren nicht zur Verfügung steht. Doch im Herbst die Wende: Die Stadtpark-Gastronomie bot sich als Ausweichquartier an. Der Werbe-Profi sagte die Absage ab. Eine gute Entscheidung: Die Notlösung entpuppte sich als Glücksgriff.

Partystimmung steigt von 0 auf 100

Bochums bunteste Party reichte am Samstag fast an die gewohnten Museumszahlen mit 1000 Besuchern heran. Auch sonst war im Exil alles so, wie es die vielen Stammgäste (darunter, welch jecker Ritterschlag, auch Düsseldorfer und Kölner) lieben. Der Mummenschanz: Das ist das Kontrastprogramm zum altbackenen Saalkarneval mit Humtata, Elferrat und Pappnase. Das ist Ausgelassenheit der rockigen Art mit fetziger Mucke exzellenter Live-Bands und DJs. Und das ist ein Publikum, wie man es sich gemeinhin nur malen kann. Bester Laune von 0 auf 100. Friedlich. Fröhlich. Entspannt. Unglaublich kreativ.

Die Haltestelle gewann den Kostümwettbewerb.
Die Haltestelle gewann den Kostümwettbewerb. © Ingo Otto

Faszinierend, in welchen meist selbstgeschneiderten Kostümen die Gäste auch die Stadtpark-Gastronomie in einen Laufsteg verwandelten. Feen und Fatimas, Hippies und Hochwürden, Scheichs und Schimpansen, schwarze Bestatter und schrille Begatter, Dornröschen und Drag-Queens, Bazis und Barbies: Im Käfig voller Narren tummelten sich die wildesten Charaktere. Da fiel es Radio-Bochum-Moderatorin Anuschka Fritzsche wahrlich nicht leicht, die originellsten Outfits für die Preisverleihung auszuwählen. Sieger wurde eine wandelnde Haltestelle (mit Fahrplan) vor einer Hirschkuhelfe und einem wabernden Quallenschwarm.

Nur beim Getränkenachschub haperte es

Bestnoten verdiente sich auch „Pay Attention“. Die Coverband spielte sich bis nach 1 Uhr schier einen Wolf, um dem Partyvolk mit Hits von gestern und heute einzuheizen. Höhepunkt: Herbies „Bochum“, kernig-kehlig intoniert von Sänger Thomas Sprenger. Dem kommt die Hymne leicht von den Lippen: Er ist Sprecher der Stadtverwaltung (der in nächsten Tagen wohl eher wenig sprechen mag).

Einziges Manko beim gelungenen Auswärtsspiel war der stockende Getränkenachschub. Vor den Theken bildeten sich Schlangen. „Das hat sonst besser geklappt“, meinte Bärbel Heinrich (46), die mit ihrem Mann als Wichtel auf zwei Gerstenkaltschalen wartete.

Laut Michael Retter steht noch nicht fest, ob der Mummenschanz 2018 ins Museum zurückkehren kann. Wenn nicht: Der Stadtpark ist für eine Zugabe gerüstet.