Künftig sollen die Läden im Ruhrpark an keinem Sonntag mehr geöffnet sein dürfen. Die Stadtverwaltung beruft sich auf die neue Rechtsauffassung.

  • Mit einstweiligen Verfügungen hat die Gewerkschaft die Debatte um verkaufsoffene Sonntage neu entfacht
  • In Bochum schlägt die Stadtverwaltung vor, die Läden nur noch an sechs Sonntagen zu öffnen
  • Stimmt der Rat dem in seiner nächsten Sitzung zu, dann würde es einen großen Verlierer geben

Nur noch sechs verkaufsoffene Sonntage mit sieben Veranstaltungen (Übersicht: siehe unten) sollte es nach Einschätzung der Stadtverwaltung in diesem Jahr in Bochum geben. Sie beruft sich vor allem auf die aktuelle Rechtsauffassung. Danach ist die Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen nur dann mit dem Sonntagsschutz vereinbar, „wenn der Anlass für sich genommen die zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt“, also nicht erst die Ladenöffnung selbst einen Besucherstrom anzieht. Verlierer dieser Regelung wäre vor allem der Ruhrpark, in dem es keinen statt der drei beantragten verkaufsoffenen Sonntage geben würde.

Unterschiedliche Positionen

Anders als in der Vergangenheit soll es in diesem Jahr im Ruhrpark keinen verkaufsoffenen Sonntag geben. Das jedenfalls sieht ein Vorschlag der Verwaltung vor.
Anders als in der Vergangenheit soll es in diesem Jahr im Ruhrpark keinen verkaufsoffenen Sonntag geben. Das jedenfalls sieht ein Vorschlag der Verwaltung vor. © Ingo Otto

Vor allem die Evangelische und die Katholische Kirche, aber auch die Gewerkschaften DGB und Verdi, die im Vorjahr in NRW die Debatte mit einstweiligen Verfügungen neu entfacht haben, sprachen sich im Vorfeld gegen jede Öffnung an Sonntagen aus. IHK Mittleres Ruhrgebiet, Einzelhandelsverband und Handwerkskammer plädieren für die ursprünglich neun vorgeschlagenen Termine mit 13 Veranstaltungen. Die jedoch, so die Verwaltung, erfüllen nicht alle die rechtlichen Voraussetzungen.

In den nächsten Wochen werden die Vorschläge in den Bezirksvertretungen und in Ausschüssen beraten, Ende März trifft der Rat eine Entscheidung. Andernorts wird unterschiedlich mit dem Thema umgegangen. Essen und Dortmund wollen die Zahl der maximal elf zulässigen Sonntage auszureizen. Köln hat diese bereits festgelegt. Münster genehmigt keinen einzigen verkaufsoffenen Sonntag. Es folgt dem Votum einer Bürgerbefragung, an der 55 000 Bürger teilnahmen.

>>> Vorschläge der Stadt unterschiedlich bewertet

Die Vorschläge der Stadt zu den verkaufsoffenen Sonntagen werden unterschiedlich bewertet. Jörg A. Linden, Pressesprecher der IHK Mittleres Ruhrgebiet, sagt: „Die IHK würde sich freuen, wenn die Termine so durchgeführt würden.“ Die von der Stadt angestrebten sechs verkaufsoffenen Sonntage seien allerdings noch zu wenig. „Der aktuelle Vorschlag ist aber ein Anfang“, so Linden, der auf Unterstützung aus der Politik hofft.

So hatte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin jüngst angekündigt, dass Rechtssicherheit für Kommunen geschaffen werden solle. „Auf diese Handreiche hoffen auch wir“, sagt Linden. Er weist zudem auf die Konkurrenz für Händler aus dem Netz hin: „Es ist für den Wettbewerb wichtig, dass an ausgewählten Sonntagen – nicht an jedem – geöffnet ist. Denn: Das Internet hat 24 Stunden am Tag geöffnet.“

Eine andere Position nimmt der Deutsche Gewerkschaftsbund Region Ruhr-Mark ein. Deren Geschäftsführer Stefan Marx sagt: „Wir sind kein Freund von verkaufsoffenen Sonntagen.“ Marx bewertet es aber positiv, dass die Stadt die Zahl von zunächst zehn auf sechs Sonntage nach unten korrigiert hat. „Aber natürlich geht uns das immer noch nicht weit genug“, so Marx.

Bürgerentscheid in Münster

Die evangelische Kirche sieht verkaufsoffene Sonntage ebenfalls kritisch. Superintendent Dr. Gerald Hagmann: „Wir fühlen uns in dieser Haltung durch die neueste Rechtsprechung sowie durch den Bürgerentscheid in Münster bestätigt. Er hat gezeigt, dass der Großteil der Bürgerinnen und Bürger wünscht, dass die Geschäfte am Sonntag geschlossen bleiben. Was in Münster gilt, dürfte in Bochum nicht ganz anders sein.“ Eine ähnliche Meinung vertritt Lothar Gräfingholt. Der Vorsitzende des Katholikenrats sagt zur rechtlichen Situation: „Der Anlass muss bei verkaufsoffenen Sonntagen im Mittelpunkt stehen. Deswegen muss die Verwaltung sehr vorsichtig sein.“

>>> Verkaufsoffene Sonntage 2017 / Vorschläge der Verwaltung

EreignisFreigabe-EmpfehlungVorschlag

30.04.2017:

Maischützenfest Innenstadt

jaDas zum 629. Mal ausgetragene Fest ist „die“ Traditionsveranstaltung und das älteste Brauchtum der Stadt. Nur ein Drittel der erwarteten Besucherzahl, beim Umzug sollen es 50.000 Menschen sein, kommt allein wegen der Ladenöffnung.

30.04.2017:

Maischützenfest Harpen (Ruhrpark)

neinIn der geplanten Form würde die Veranstaltung zum ersten Mal im Ruhrpark ausgetragen. Es gibt keinen Bezug zum Fest.

07.05.2017:

Lindener Frühjahrskirmes

neinDie Kirmes löst keinen großen Zuschauerstrom über den Stadtteil hinaus aus und prägt nicht den öffentlichen Charakter des Sonntags.

11.06.2017:

„Bänke raus“ Langendreer

jaBei der größten bürgernahen Veranstaltung im Bochumer Osten werden bis zu 10.000 Besucher erwartet, nur etwa ein Zehntel von ihnen ist nach Einschätzung der Verwaltung ausschließlich an der Ladenöffnung interessiert. „Bänke raus“ hat Strahlkraft für den Stadtteil und löst einen hohen Publikumsstrom aus.

09.07.2017:

600-Jahr-Feier Wattenscheid

jaZu der informativen, unterhaltsamen und geschichtlich einmaligen Veranstaltung werden 10.000 Besucher erwartet. Sie prägt den öffentlichen Charakter des Sonntags, die Ladenöffnung steht im Hintergrund.

10.09.2017:

Musiksommer Innenstadt

jaBis zu 150.000 Besucher werden an drei Tagen erwartet, die Veranstaltung löst um ihrer selbst willen einen großen Zuspruch aus. Erstmals sollen sonntags die Läden öffnen, dies wäre nur ein Anhängsel.

17.09.2017:

Weinfest Wattenscheid

jaDie Traditionsveranstaltung wird zum 38. Mal ausgetragen. Die Besucher, bis zu 10.000 am Tag, kommen vornehmlich wegen des Festes, nicht wegen der Ladenöffnung.

01.10.2017:

„Nachhaltigkeit zum Mitmachen und Mitnehmen“ Harpen (Ruhrpark)

neinEs handelt sich um keine Traditionsveranstaltung, es gibt keinen Grund für eine Sonntagsöffnung.

03.12.2017:

Weihnachtsmarkt Harpen (Ruhrpark)

neinDas Center-Management hat selbst den Wunsch auf Freigabe zurückgenommen.

03.12.2017:

Weihnachtsmarkt Wattenscheid

neinDie Ausstrahlwirkung des Adventmarkts auf Teile von Wattenscheid-Mitte erscheint begrenzt, der Markt hat keinen prägenden Charakter für den Sonntag.

03.12.2017:

Märchenhafter Weihnachtsmarkt Linden

neinDie Veranstaltung hatte in den vergangenen zehn Jahren mehrere unterschiedliche Namen. Die Strahlkraft erscheint nicht so weitreichend zu sein, dass sie prägend für den öffentlichen Charakter des Sonntags wäre.

10.12.2017:

Weihnachtsmarkt Innenstadt

jaEtwa 1,5 Millionen Besucher werden vom 23. November bis 23. Dezember in der Innenstadt erwartet, allein an den vier Adventssonntagen kommen etwa 200.000 Gäste. Der Weihnachtsmarkt ist ein Event- und Kommunikationsort geworden, zu dem es die Menschen je nach Alter und Berufen zu unterschiedlichen Zeiten hinzieht. Ihr Interesse gilt vor allem dem Markt. Bestenfalls 30 Prozent sind an der Geschäftsöffnung interessiert.