Bochum. . Ein betrügerischer Bettler hat ein extremes Gebrechen vorgegaukelt, um Passanten das Geld aus der Tasche zu ziehen – und wurde dabei erwischt.

    • Ein betrügerischer Bettler ist in der Bochumer Innenstadt aufgeflogen: Er hatte eine Schwerstbehinderung vorgegaukelt
    • Mit dieser Masche wollte er laut Polizei besonders viel Mitleid erregen, damit die Passanten ihm Geld geben
    • Die Polizei vermutet, dass der 42-Jährige zu einer organisierten Bande gehört, die in mehreren Städten ihr Unwesen treibt

Diese Mitleidsmasche ging gründlich schief. Und endete mit einer Strafanzeige. Die Polizei hat am Montag einen Betrüger erwischt, der Passanten mit einer vorgespielten Schwerstbehinderung das Geld aus der Tasche zog.

Der Fall stammt bereits vom vorigen Montag: Beamte eines mobilen Einsatztrupps, die zur Bekämpfung der Straßenkriminalität unterwegs sind, sehen mittags einen Mann, der sich, auf eine Gehhilfe gebückt, mit extrem nach innen verdrehten Beinen über die Bongardstraße schleppt. In diesem scheinbar beklagenswerten Zustand bettelt er um Geld – „und das durchaus erfolgreich!“, wie die Polizei sagt.

Polizeistreife merkt sofort, dass da etwas nicht stimmt

Die Beamten ahnen: Da stimmt doch etwas nicht. Sie vermuten, dass der Bettler dieses extreme körperliche Gebrechen nur vortäuscht, um ein Höchstmaß an Mitleid zu erhalten. Wenig später zitieren sie ihn zu ihrem Einsatzfahrzeug. Und siehe da: Schon auf dem Weg zum Wagen geht der Bettler wieder fast normal, behauptet aber trotzdem hartnäckig, schwerbehindert zu sein, auch noch im Polizeipräsidium. Doch dort legt er plötzlich die Gehhilfe weg. Polizeisprecher Volker Schütte: „Wenig später entfernt er dann auch noch eine eigens von ihm angefertigte Schiene, mit der er seine Füße in die schlimm anzusehende Position gebracht hat. Und direkt danach läuft er normalen Schrittes und mit aufrechtem Gang durch die Büroräume. Krass!“

Die Beamten verbieten ihm, sich erneut in der Innenstadt aufzuhalten. Außerdem zeigen sie ihn an: „wegen der Vortäuschung eines Gebrechens, um Geld zu erhalten“.

Möglicherweise ist der Mann sehr sportlich, gelenkig und völlig unversehrt

Wie genau der Betrüger seine Beine dauerhaft so verbiegen konnte, ist unklar. Die Polizei hat die Gehhilfe und ein Paar Überschuhe beschlagnahmt. Möglicherweise ist der Mann, der relativ kurze Beine hat, sehr sportlich, jedenfalls gelenkig und völlig unversehrt. Nach der Anzeige kam er wieder frei. Die Polizei glaubt, dass er zu einer organisierten Bande gehört, die in mehreren Städten ihr Unwesen treibt. „Wir stellen ab und an fest, dass die Bettler, die aggressiv auf Passanten zugehen, häufig keine Behinderung haben, sondern eine kriminelle schauspielerische Energie an den Tag legen und so Mitleid erzeugen.“

Nach Veröffentlichung dieses Falles am Freitagfrüh klingelte bei der Polizei verstärkt das Telefon. Mehrere Bürger erkannten den Mann wieder. Die Anrufer kamen zum Beispiel aus Braunschweig, Weimar, Euskirchen, Bremen oder Essen.

Die Polizei kennt ähnlich abgebrühte Bettler. Etwa solche, die Passanten einen Zettel in die Hand drücken, auf denen behauptet wird, dass ein Kind (3) Leukämie habe und Geld für die Behandlung brauche: „Wenn du ein Herz hast, dann hilf uns bitte. Danke und Gott segne dich.“ Sowas sei „alles erfunden“.

Auch am Freitag bettelten drei Menschen in der City. Ein Leser hofft, dass der „Gehbehinderte“ keinesfalls andere, ehrliche Bettler diskreditiert. „Jetzt seid nicht aggressiv gegen jeden Obdachlosen.“

>> Info: Aggressives Betteln ist verboten

Laut Ordnungsamt ist „aggressives Betteln“ sowie das Betteln mit Kindern oder Jugendlichen verboten. „Aggressiv“ heißt: Anfassen, festhalten, bedrängend verfolgen, hartnäckiges Ansprechen, sich in den Weg legen, setzen oder stellen, das Einsetzen von Tieren als Druckmittel.

„Insgesamt wird etwa seit letztem Sommer mehr gebettelt“, sagt Stadtsprecherin Barbara Gottschlich. Es werde zwar nicht aggressiver gebettelt, aber man könne sich auch von extremen Mitleidstouren „subjektiv belästigt fühlen“. Bei Beschwerden könne die Stadt Platzverweise erteilen. Zurzeit seien viele Bettler aus Dortmund und Essen in Bochum.