Bochum. Für 88 Spielhallen in Bochum läuft bald die Übergangsgenehmigung aus. Wie es für sie weitergeht, ist ungewiss. Die Stadt hält sich noch bedeckt.

  • 88 Spielhallen gibt es in Bochum, ihre Genehmigung läuft bis Oktober 2017
  • Die Stadtverwaltung entscheidet über die neuerliche glücksspielrechtliche Erlaubnis
  • Was ist Bochum wichtiger: Steuereinnahmen oder der Kampf gegen die Spielsucht?

Sie bescheren der Stadt jedes Jahr satte Einnahmen an Vergnügungssteuern, Gewerbesteuern und Anteilen an der Umsatzsteuer. Die Existenz der momentan 88 Spielhallen in Bochum ist allerdings gefährdet und damit auch die Einnahmen der Kommune in Millionenhöhe.

Bochum nimmt seit 2012 jedes Jahr zwischen 5,7 und 6,2 Millionen Euro Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte ein. Von den Ende 2016 insgesamt 1200 registrierten Geldspielautomaten standen 880 in Spielhallen.

Nicht mangels spielfreudigen Kunden droht den Daddelbuden das Aus, sondern wegen des 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags. Vor allem der darin enthaltene geforderte Mindestabstand der Spielhallen untereinander von 350 Metern Luftlinie bereitet den Betreibern Sorgen. „In der Innenstadt dürften 90 Prozent diese Voraussetzung nicht erfüllen“, sagt Jürgen Köper. Ihnen droht daher das Aus.

Härtefallregelung bis 2021 möglich

Dem 66-jährigen früheren Profifußballer des VfL Bochum gehören sieben Megaplay-Spielhallen in der Stadt mit etwa 50 Beschäftigten, beteiligt ist er außerdem an weiteren Spielhallen in anderen Städten. Er wie auch alle anderen Anbieter, in Bochum sind das überwiegend größere Unternehmen mit mehreren Spielhallen, sowie Ketten reichen in diesen Tagen Anträge für eine neue glücksspielrechtliche Erlaubnis ein. Die Übergangsregelung läuft für alle 88 Betriebe am 28. Oktober aus.

„Ob und wie es dann weiter geht, ist momentan nicht absehbar“, sagt Hans-Jürgen Köper. Die Branche hofft darauf, dass die Stadtverwaltung, die über die Glücksspielerlaubnis entscheidet, von einer im Gesetz vorgesehenen Härtefallregelung Gebrauch macht, die längstens immerhin bis Ende Juni 2021 möglich ist. Ob sie das tut oder eher die über den Glücksspielstaatsvertrag angepeilte Verringerung der Anzahl von Spielhallen anstrebt, darüber schweigt sich die Stadt momentan noch aus. „Da das Thema aktuell noch mit großen Rechtsunsicherheiten behaftet ist, bitten wir um Verständnis dafür, dass wir eine Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt als verfrüht betrachten“, heißt es.

Anfrage der Grünen

„Dafür habe ich Verständnis“, sagt Ratsmitglied Sebastian Pewny (Die Grünen), der einer Anfrage an die Verwaltung das Thema „Spielhallen in Bochum“ auf die Tagesordnung gebracht hat. „Aber grundsätzlich möchten wir als Grüne schon wissen, wie sich die Verwaltung in dieser Sache positioniert.“ Das Ziel müsse es sein, die Zahl der Spielstätten und Lizenzen zu reduzieren.

Zu den Bestimmungen im Gesetz gehört dabei nicht nur der Mindestabstand von Spielhallen untereinander. Auch sollen sie angemessenen Abstand zu Schulen, Jugendtreffs und anderen Einrichtungen einhalten, in den Kinder und Jugendliche verkehren, dürfen eine bestimmte Größe nicht mehr überschreiten und keine Begriffe wie „Casino“ im Namen tragen. Das alles soll der Suchtprävention dienen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Dass mit dem Glücksspielstaatsvertrag vor allem der wachsenden Spielsucht in der Gesellschaft begegnet werden soll, bezweifelt indes Spielhallenbetreiber Jürgen Köper. Aus seiner Sicht gehe es darum, die finanziell angeschlagenen Spielbanken, in denen auch und in nicht geringem Umfang Spielautomaten aufgestellt seien, zu stützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in den Städten Ableger zu eröffnen. Damit würden keine Probleme gelöst, sondern die Einnahmen nur verlagert.

Im übrigen verweist er auf die wirtschaftliche Bedeutung der Branche. Die sorge für Steuereinnahmen, Arbeitsplätze und Mieteinnahmen von Immobilienbesitzern. Das Aus für Spielhallen würde zu einem deutlichen Anstieg von Leerständen in der Stadt sorgen.

>>Kommentar: Lavieren verboten

Noch so ein Fall. Die „da oben“ in Bund und Land baldowern ein neues Gesetz aus. Aber mit den Ausführungsbestimmungen hapert es. Sie sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, zum Teil offenbar auch unpräzise und sie lassen so diejenigen im Stich, die am Ende darüber entscheiden sollen, ob ein Spielhalle weiter betrieben werden darf oder geschlossen werden muss. Wie so oft stehen die Kommunen am Ende der Gesetzeskette ziemlich einsam da.

Dass Bochums Stadtverwaltung sich vor diesem Hintergrund und angesichts von zahlreichen nicht entschiedenen Gerichtsverfahren noch bedeckt hält, wie es sich in Sachen Spielhallen positionieren wird, ist nachvollziehbar. Allerdings: Irgendwann muss sie schon Farbe bekennen. Die Gretchenfrage lautet so: Sind die Einnahmen aus der Glücksspielbranche oder der Kampf gegen die Spielsucht wichtiger? Lavieren ist in dieser Sache verboten.