Bochum. . Pokern in Vereinsstrukturen gibt es kaum in Deutschland. In Bochum aber geht das. Poker, sagen sie, ist alles andere, nur kein Glücksspiel.
Als sie Lukas Lange damals nach dem Poker-Seminar fragten, ob er auch zum Verein kommen wolle, da war er, ehrlich gesagt, ziemlich skeptisch: „Ich hab’ mich gefragt, was da wohl für Leute sind.“
Heute, drei Jahre später, ist er der Vorsitzende dieser Leute im „THC Bochum“: Nach allem, was man weiß, ist das der einzige eingetragene Verein im ganzen Ruhrgebiet, bei dem der Zweck ist, zu pokern.
In ganz NRW gibt es vielleicht zehn. Pokerspieler aber gibt es sonder Zahl. Die vorauseilende Unterstellung lautet also: Glücksspieler und Kassenprüfer sind keine natürlichen Verbündeten. Aber ist das wirklich so? Beim Poker würde man jetzt sagen: Ich will sehen.
Im schummrigen Licht der Gastwirtschaft
„Keine Minute mehr, bitte Plätze einnehmen.“ Im schummrigen Licht der Gastwirtschaft „Zum Schrebergarten“ setzen sich 13 Männer und drei Frauen um zwei ovale Pokertische. Die Karten liegen bereit, die Chips liegen bereit, der Timer zählt runter.
Jeder bekommt zunächst zwei Karten. Sie nehmen sie gar nicht erst hoch, sie biegen nur die Kante um, um den Wert zu erkennen. „Ich bin ja sooo ein offenes Buch“, klagt Ralf Lammerding, Schriftführer – und noch nie vor dem Ende eines Poker-Abends gegangen.
Wasser, Tee, mal ein Krefelder
Hier geht es um den vereinsinternen THC-Pokal. Je später der Abend, desto leiser die Gäste, „man darf sich ja nicht ablenken“, dazwischenquatschen gilt nicht. Zwischen den Spielen wird es fröhlich, dann sofort wieder ernst, sie trinken Wasser, sie trinken Tee, Lange, der Arme, hält sich schon zwei Stunden an seinem Krefelder fest.
„Wenn Sie Leute am Tisch haben, die trinken, spielen Sie so lange risikominimierend, bis die später nichts mehr mitkriegen“, wird er sagen. Dass dies kein Abend mehr wird, der in die Festschrift irgendeiner Brauerei eingeht, ist den Bedienungen auch schon tuschelnd klargeworden: „Warum wurde ich überhaupt geholt?“
Sie spielen nicht um Geld,jedenfalls nicht im Verein
Risikominimierung? Poker-Seminar? Später werden auch noch Wörter fallen wie „Wahrscheinlichkeitsrechnung“ und „Körpersprache“, „Setzverhalten“ und „Spieltheorie“. „Viele sagen, Poker sei ein Glücksspiel, aus meiner Sicht ist das totaler Quatsch“, sagt Lange, der IT-Projektentwickler aus Herten.
Ein anderer am Tisch assistiert mit Zahlen als Zeugen: „Wenn sie eine Zwei und eine Sechs kriegen, können Sie schmeißen. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch eine Zwei und eine Sechs kommen, liegt bei 3,5 Prozent.“
Um es gleich zu sagen: Sie spielen hier nicht um Geld. Sie spielen nie um Geld, jedenfalls nicht im Verein. „Manchmal hat man Nachfragen: Sie spielen nicht um Geld? Och nöh“, sagt Lammerding, der Schriftführer, ein Hattinger. Immerhin, Ranglisten gibt es und manchmal eine Plakette.
Es „kam ein gewisses Kapital in den Club“
„Wir wollen den Pokersport fördern“, sagt Lange und zählt Dinge auf, die ein bisschen nach Poker-VHS klingen: Poker-Reisen, Poker-Literatur, Poker-Fortbildung. Einen Landesverband hat er auch noch mitgegründet. Und eine Liga. Mit drei Vereinen – woher auch nehmen?
Auch die Pokerspieler im THC begannen in privaten Runden. Jahrelang. Spielten im Wohnzimmer, in Kneipen. Dann „kam ein gewisses Kapital in den Club“, sagt Lammerding. Tische. Chips. Karten. Timer. Rechner.
„Irgendwann kam die Idee eines eingetragenen Vereins auf. Gegenstände und Konto könnten auf ihn übergehen.“ Seit August 2014 beweisen sie: Bluff und Jahreshauptversammlung können miteinander leben.
Interessenten sind willkommen beim THC
30 Mitglieder beweisen das. Sie treffen sich sehr oft. Pokern jeden Donnerstagabend. Seit neuestem auch jeden zweiten Dienstag. Dazu Turniere, der Teamcup, der Pokal, die Liga . . . „Wer alles mitmachen möchte, braucht nicht mehr allzu viele Hobbys“, sagt Lange.
Und Lammerding ist froh, dass er mit Menschen spielen kann. „Mit Online-Pokern können Sie zwar auch Menschen zur Weißglut treiben. Aber Sie können sie leider nicht sehen.“ Beim Poker würde man jetzt sagen: Man spielt nicht seine Karten, sondern seine Gegner. Interessenten sind willkommen.