Bochum. Zum Malen benötigt Thomas Zehnter keine Leinwand, seine Bilder entstehen auf dem Computer: Mit kreativen Apps wird der Computer zur Staffelei.

Der Bochumer Künstler Thomas Zehnter malt seit Jahren Bilder mit dem E-Zeichenstift: seine „Leinwand“ ist das iPad Pro, ein großformatiger Tablet-Computer. Zehnter fühlt sich als Pionier einer Kunst, die im weltweiten Kunstbetrieb noch nicht recht angekommen zu sein scheint. Auch wenn sich einer der Großen der modernen Malerei als iPad-Maler geoutet hat.

Die Rede ist von David Hockney, einem der bekanntesten Künstler der Welt. Der 79-Jährige malt schon länger nicht mehr mit Staffelei und Pinsel, sondern mit dem iPad vom Auto aus: „The Arrival of Spring in Woldgate“ hieß eine Serie über den Frühlingsanfang in Hockneys Heimatdorf – die Bilder waren mit der App „Brushes“ gemalt, entstanden im Schnellverfahren. Bilder für technikverliebte Menschen.

Bewegte Bildsequenzen sind seine Spezialität

„Mit solchen speziellen Programmen arbeite ich auch“, sagt Thomas Zehnter, der um Ideen nie verlegen ist. Auch, was die jeweils erweiterten technischen Möglichkeiten angeht. Mit Erscheinen des ersten iPads hatte er seine bevorzugte gestalterische Plattform gefunden, anfangs war das kleinere iPhone seine „Mal“-Grundlage.

Grundsätzlich gehe es ums Malen mit Licht, betont Zehnter. Das trifft zwar auch für jede konventionelle Malerei zu, bekommt aber bei ihm noch eine andere Bedeutung. Denn das „Licht“ ist nicht das vom Künstler der Natur nachempfundene Licht, sondern das künstlich erzeugte Leuchten der Mikroprozessoren. „Meine Bilder entstehen entweder mit speziellen elektronischen Zeichenstiften oder gleich mit dem Finger auf der Glasplatte“, schildert Zehnter.

„Man kann mit dem Stift sehr subtil arbeiten“

Malschule und Malkurse

In seiner Malschule vermittelt Thomas Zehnter, wie man mit einem Computer oder einem iPad oder einem iPhone(iPod) malen und zeichnen kann.

„Die Teilnehmer stellen immer wieder fest, welche faszinierenden Möglichkeiten ihnen diese Geräte und Programme bieten, um der Kreativität Tiefen zu geben“, sagt der Künstler.

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Die Technik sei bestens geeignet, die Veränderungen, den Wechsel des Lichts im Nu einzufangen. „Man kann Farbschichten übereinander legen, aber auch sehr subtil und mit großer Transparenz arbeiten“, sagt er.

Eine von Zehnters Besonderheiten ist die sog. „Choreografik“, das sind bewegte, sich bewegende Bilder, die der Künstler im kreativen Schaffensprozess aus dem Moment heraus erzeugt. Im Essener Dom hat er, den Computer in der Hand, den Kirchenraum zu Musik ausgemalt: von Zehnters iPad aus wurde seine farbliche Gestaltung in Echtzeit per Beamer auf den gesamten Raum übertragen. „Eine überaus ästhetische Art, zu arbeiten“, sagt Thomas Zehnter.

Der Entstehungsprozess wird sichtbar gemacht

Bewegte Bildsequenzen kommen dem iPad-Künstler überhaupt entgegen. So fertigt er Dateien, in denen sich seine Motive, etwa Landschaften, zu Musik nach und nach erst zusammensetzen. Der Entstehungsprozess des Künstlerischen wird in Segmente unterteilt und dann im zeitlichen Ablauf, wie im Trickfilm, im Ganzen sichtbar gemacht.

Mit seiner Vorliebe für die iPad-Kunst steht Thomas Zehnter nach wie vor ziemlich alleine da. „Ich kenne sonst keinen, der so arbeitet“, sagt er. David Hockney mal ausgenommen; ihm hat der Bochumer sogar geschrieben. Allerdings hat der britische Pop Art-Altmeister (noch) nicht geantwortet.