Bochum. Nach 25 Jahren im Rollstuhl kann eine Patientin der Kinderklinik wieder gehen. „Ein Wunder“, sagt die Frau, die an einer Knochenkrankheit leidet.
- Nach 25 Jahren im Rollstuhl kann eine 55-jährige Patientin der Kinderklinik Bochum wieder gehen
- Die Frau leidet seit ihrer Kindheit an einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung der Knochen
- Ein neu entwickeltes Medikament weckt nun die Hoffnung auf ein selbstständiges Leben ohne Rolli
Leben ohne Hoffnung. Schmerzen ohne Ende. Tage ohne Ziel. Petra Preuschoff hatte fast aufgegeben. Ihre Erkrankung ist unheilbar. Weiter kämpfen, leiden, zur Last fallen? Wozu? Dr. Nesrin Karabul erschien der 55-Jährigen in diesen mutlosen Momenten wie ein Engel. Wundersam wirkt es tatsächlich, was die Ärztin der Bochumer Kinderklinik bewirkt hat.
Petra Preuschoff kann wieder laufen. Nach 25 Jahren im Rollstuhl.
Hypophosphatasie: So heißt eine Stoffwechselstörung, die zum Bruch oder zur Verformung der Knochen führt. Die ersten Symptome zeigen sich bei Petra Preuschoff im Kindesalter. „Damals dachten die Ärzte, ich hätte Rheuma. Mit der Pubertät waren die Beschwerden dann ganz verschwunden.“
Über 40 Knochenbrüche mussten behandelt werden
Die Krankheit kehrt zurück. Mit voller Wucht. 1986 brechen bei der Kaufmännischen Angestellten die ersten Knochen. Im Arm. Im Bein. Der Oberschenkelhals. „Ganz von allein, ohne dass ich gestürzt wäre.“ Jetzt, erst jetzt, diagnostizieren die Mediziner Hypophosphatasie. Der Beginn einer Tortur, der Petra Preuschoff an den Rand ihrer Leidensfähigkeit führt. 40 Brüche müssen verschraubt, geschient, versorgt werden. Sie muss den Job aufgeben, wird mit 28 Rentnerin.
Anfang der 90er Jahre sitzt Petra Preuschoff im Rollstuhl. Wieviel Monate sie in Kliniken und im Gipsbett verbracht hat? Sie weiß es nicht. Was sie weiß: Ihre Hoffnung auf Besserung, darauf, jemals wieder auf eigenen Beinen zu stehen, schwindet von OP zu OP mehr. Das Leben: eine einzige Qual. Tapferen, liebevollen Beistand leistet Ehemann Norbert (56), der immer für seine Petra da ist. In schlechten wie in noch schlechteren Zeiten.
Spritzen zeigen nachhaltige Wirkung
Mehrmals im Jahr reist das Paar in eine Fachklinik in Würzburg. Doch dort ist man auf Kinder spezialisiert. Nachhaltige Hilfe erfährt Petra Preuschoff nicht. „Ohne Morphium ging nichts.“ Das ändert sich erst vor einem Jahr. Dr. Nesrin Karabul (40), Fachärztin an der Bochumer Kinderklinik, hält einen Vortrag in der Selbsthilfegruppe, der Petra Preuschoff angehört. Sie berichtet von einem neuen Medikament, das eine US-Pharmafirma auf den Markt gebracht und mit dem das an der Kinderklinik beheimatete „Centrum für seltene Erkrankungen“ die ersten guten Erfahrungen gesammelt habe.
Petra Preuschoff wechselt die Klinik, wird fortan von Nesrin Karabul behandelt. Wenn sie über die Therapie spricht, stehen Tränen in ihren Augen. Dreimal wöchentlich setzt sie daheim Spritzen. Im August erhebt sie sich erstmals aus dem Rollstuhl: „ein überwältigender Augenblick. Mein Mann und ich haben vor Glück nur geheult.“
Klinik-Ärztin glaubt an ein Leben ohne Rollstuhl
Inzwischen kann sie am Rolli einige Schritte gehen, sich selbstständig anziehen, duschen, zur Toilette. Auch seelisch sei seine Frau kaum wiederzuerkennen, sagt Norbert Preuschoff. „Sie ist aufgeblüht und hat ihre Depression überwunden.“
Nein, die Knochenkrankheit ist weiter unheilbar. Aber dank des neuen Wirkstoffs sei dauerhaft ein Leben ohne Rolli möglich, sagt Dr. Karabul. Petra Preuschoff spricht von „einem Wunder“. Das soll weiter anhalten. Ihr nächstes Ziel: Allein auf die Terrasse zu gehen.
Hinaus. In ein Leben voller Hoffnung.
>> NEUE SERIE STELLT BESONDERE KLINIK-FÄLLE VOR
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Nein
, es geht nicht um vermeintliche Wunderheilungen, über die WAZ in einer neuen Serie berichten will.