Bochum. . Der Rat der Stadt Bochum hat am Donnerstag den Haushalt für 2017 beschlossen. Im nächsten Jahr wird die Stadt 85 Millionen Euro Schulden machen.
- SPD, Grüne, UWG und Freie Bürger stimmen dem Etat von Kämmerer Manfred Busch zu
- 2017 wird die Stadt demnach 85 Millionen Euro mehr ausgeben, als sie einnimt
- Sozialdezernentin Britta Anger (Grüne) wurde vom Rat für weitere acht Jahre gewählt
Mit der Stimmenmehrheit der Koalition von SPD und Grünen sowie der Freien Bürger und der Unabhängigen Wählergemeinschaft hat der Rat den Haushalt 2017 verabschiedet. Er sieht Ausgaben von 1,43 Milliarden Euro vor. Gestemmt werden kann er nur mit einer Neuverschuldung von 85 Millionen Euro.
Es ist der 13. und letzte Haushalt unter der Regie von Kämmerer Manfred Busch (62). Er kündigte an, Ende September 2017 in den Ruhestand zu gehen. Der dienstälteste Dezernent im Verwaltungsvorstand, 2005 übernahm Busch die Position des „städtischen Finanzministers“, wird den Etat 2018 aber noch einbringen.
In ihrem Amt bestätigt wurde Dezernentin Britta Anger, die seit 2009 („Damals war ich ein Greenhorn, was Kommunalpolitik und öffentliche Verwaltung betrifft“) für den Bereich Soziales, Jugend und Gesundheit zuständig ist und für eine weitere Amtszeit von 2017 bis 2025 gewählt wurde. In geheimer Abstimmung erhielt sie 45 von 79 gültigen Stimmen. Sie verfügt nach Kämmerer Busch (2005) und Kulturdezernent Michael Townsend (2007) über die längste Erfahrung im Verwaltungsvorstand. Große Herausforderungen in den nächsten Jahren sind aus Sicht der 56-jährigen Münsteranerin die Themen Bildung, Existenzsicherung, Wohnungen, Integration und Pflege.
Der Haushalt der Stadt im Überblick:
Der Haushalt
2121 Seiten umfasst Bochums Haushalt für das Jahr 2017. Er enthält alle geplanten Einnahmen und Ausgaben für das kommende Jahr. Erstellt wird er – wie in der Wirtschaft schon lange üblich – nach dem Prinzip der doppelten Buchführung. Diese wurde 2009 von NRW durch das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) auch für Kommunen eingeführt.
Den Haushaltsplanentwurf hat Kämmerer Manfred Busch Anfang September eingebracht. In den Fraktionen und in den Ausschüssen wurde danach über Veränderungswünsche gesprochen, die zum Teil in dem Finanzwerk berücksichtigt wurden. Gestern wurde es verabschiedet.
Einnahmen
Drei große Posten sind vor allem für die Einnahmen der Stadt verantwortlich. Steuern in Höhe von etwa 460 Millionen Euro nimmt sie ein. Darunter ist die wichtigste lokale Steuerart die Gewerbesteuer. Der Kämmerer kalkuliert mit etwa 150 Millionen Euro. Weitere Gelder fließen aus den Töpfen Grundsteuer (auf Besitz von Immobilien/Grundstücke), Hundesteuer und andere städtische Steuern sowie aus den Anteilen an der Einkommens- und der Umsatzsteuer. Knapp 430 Millionen Euro erhält Bochum an Zuweisungen vor allem von Bund und Land. Ebenso hoch sind die sogenannten öffentlich-rechtlichen Leistungsentgelten wie Gebühren jeder Art, Dienstleistungen wie die Bereitstellung von Elektrizität, Fernwärme oder Wasser, Eintrittsgelder, Einnahmen aus Verkehrsunternehmen und anderes.
Ausgaben
Geld gibt die Stadt vor allem aus für Sozialleistungen (630 Millionen Euro), fürs Personal (289 Millionen, davon „gedeckelte“ 256,3 Millionen für die Verwaltung) und für die Bereitstellung von Energie und Wasser sowie die Unterhaltung der Infrastruktur, für Lernmittel, Schülerbeförderungskosten sowie noch einige andere Sach- und Dienstleistungen.
Defizit
Voraussichtlich um etwa 85 Millionen Euro übersteigt im nächsten Jahr die Summe der Ausgaben sämtliche Einnahmen – im Entwurf (Grafik) betrug das Defizit noch etwa 75 Millionen Euro. Um diese 85 Millionen nehmen die Schulden Bochums zu und verringert sich das Eigenkapital der Stadt auf dann etwa noch 823 Millionen Euro Ende 2017. Der Anteil des aktuellen Defizits am Eigenkapital würde mehr als zehn Prozent betragen – das ist der höchste Wert in den vergangenen Jahren. Ist das Eigenkapital einer Stadt aufgezehrt, gilt sie als überschuldet. Bis 2022 wird es sich – so der Plan der Verwaltung – auf einem Niveau von etwa 720 Millionen Euro stabilisieren. Kritiker befürchten einen deutlich geringeren Wert.
Kredite
Um ihre laufenden Kosten zu decken und um Investitionen zu finanzieren, nimmt die Stadt Kredite auf. Mit Kommunalkrediten erhält sie oder schafft sie neue Werte. Mitte 2016 lag die Summe bei etwa 864 Millionen Euro. Mit Kassenkrediten werden laufende Kosten finanziert, sie gleichen dem Dispo für private Girokonten. Bochums Kassenkredite beliefen sich im Sommer auf 930 Millionen Euro. Die gesamten Kredite in Höhe von 1,79 Milliarden Euro sorgen für eine Pro-Kopf-Verschuldung der Bochumer von knapp 5000 Euro.
Zinsen
37 Millionen Euro müssen im kommenden Jahr aus dem Haushalt entnommen werden, um Kreditzinsen zu bezahlen. Das Geld wird ausschließlich für Zinszahlungen verwendet und nicht für den Abbau von Verbindlichkeiten.
Investitionen
So viel Geld wie noch nie , nämlich 122 Millionen Euro, sollen im kommenden Jahr investiert werden. 80 Millionen Euro Kommunalkredite sollen dafür aufgenommen werden. Der Rekord ist auch zurückzuführen auf Bundesprogramme (Gute Schule, KP III), von denen Bochum profitiert. Zu den großen Investitionsposten zählen die Stadterneuerung Werne/Langendreer (15 Millionen Euro), die neue Buseloh-Brücke (12) oder der neue Technische Betrieb am Hauptfriedhof (6,8).
Haushaltssicherungskonzept
Mit dem 2012 erstmals vorgelegten Haushaltssicherungskonzept (HSK) sind Maßnahmen verbunden, um Bochums Haushalt nachhaltig zu sanieren und ihn 2022 wieder ausgeglichen gestalten zu können. Dem ist vieles untergeordnet. Ebenso wie der Haushalt wird auch das HSK von der Kommunalaufsicht, der Bezirksregierung in Arnsberg, überwacht. Die Stadt hat im Rahmen einer Beratungskooperation mit der Bezirksregierung ein erweitertes Haushaltssicherungskonzept 2012–22 beschlossen. Dazu wurde eine Vielzahl von Maßnahmen verabschiedet. Die Konsolidierungsmaßnahmen betragen insgesamt 164 Millionen Euro. Neuerliche Maßnahmen im aktuellen HSK in Höhe von gut 9 Millionen Euro sind notwendig geworden durch eine geringere Gewinnausschüttung der Stadtwerke und durch höhere Personalkosten. Diese Kompensationssumme wächst bis 2022 auf etwa 22 Millionen an.
Steuern
Ohne Steuererhöhungen kommt der Haushalt 2017 aus. Die Grundsteuer B bleibt beim Hebesatz von 645 Prozent sowie bei der Gewerbesteuer von 495 Prozent.
Personal
Die Kosten für Beamte, Angestellte, Arbeiter und Auszubildende sind der zweitgrößte Kostenfaktor im Haushalt. Ihr Anstieg in den vergangenen Jahren hat „besorgniserregende Züge“, wie es im HSK heißt. Dennoch ist der Personalkostendeckel über den durch Tariferhöhungen kalkulierten Anstieg von einem Prozent gewachsen, um, wie es heißt, „unabweisbare Aufgaben“ etwa in der Bauverwaltung, bei der Feuerwehr oder im Sozialbereich zu erledigen.
In der Gesamtverwaltung sind 6127 Personen beschäftigt (Stand Juni 2016); in der Kernverwaltung (ohne städtische Betriebe) sind es 5129, darunter 161 Auszubildende. Neue Arbeitsabläufe in der Verwaltung und eine strategische Personalentwicklung sollen mithelfen, die Zahl der Mitarbeiter mittelfristig zu reduzieren und die Personalkosten trotz Tarifsteigerungen nicht weiter anwachsen zu lassen.
Besonders personalintensiv sind die Innere Verwaltung (1724 Mitarbeiter), der Bereich Sicherheit und Ordnung (794), Kinder- Jugend und Familienhilfe (516) sowie Kultur (500).