Bochum. . Stiftung Auszeit will mit Kurzzeitwohnen Familien mit behinderten Kindern entlasten. Die Idee könnte ein bundesweites Modellprojekt werden.

  • Elterninitiative Menschen(s)kinder gründet Stiftung zur Entlastung von Eltern mit behinderten Kindern
  • Kurzzeitwohnen soll Kinder ab 6 Jahren bis zu drei Wochen betreuen und damit Familien entlasten
  • Idee findet auf allen politischen Ebenen Begeisterung und könnte zum bundesweiten Modell werden

Alle Eltern wissen es: Mutter oder Vater zu sein ist ein 24-Stunden Job. „Kinder benötigen Liebe und Aufmerksamkeit, das kostet Eltern viel Kraft“, sagt Jochen Grothkop vor den Besuchern des Gründungsevents der Stiftung Auszeit und ergänzte: „Die Alltagsbetreuung von Kindern mit Behinderung ist für Eltern ungleich anstrengender.“

Um betroffenen Familien eine Auszeit zu verschaffen, hat Grothkop im Rahmen der Elterninitiative „Menschen(s)kinder“ die Stiftung Auszeit ins Leben gerufen. „Wir wollen Kurzzeitwohnen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung ermöglichen, um die Lebensqualität aller Beteiligten zu erhöhen“.

Familie statt Krankheit im Fokus

Das soziale Projekt, in dem Kinder ab 6 Jahren für bis zu drei Wochen betreut werden sollen, will die Familie statt die Krankheit in den Fokus stellen. Grothkops Einsatz hat einen ganz persönlichen Motor: Sein Enkel Dennis ist mit dem seltenen Gendefekt Lissenzephalie zur Welt gekommen und wird nie essen, sprechen, laufen oder greifen können. „Ich weiß um die Notwendigkeit, Eltern zu entlasten“, so der Stiftungsvorsitzende.

Die vor einigen Tagen anerkannte Stiftung ist ein unvergleichliches Projekt. „Kurzzeitwohnen als ein Versorgungsbaustein, der auch die Geschwisterkinder in den Blick nimmt, ist bundesweit einzigartig.

Bundesweit einzigartige Initiative

Das hat mich sofort überzeugt“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU), die das Projekt von Beginn an unterstützt. Geschwisterkinder würden oft zu Schattenkindern, für die wenig Zeit bliebe. Die Idee habe das Pozential, als Prototyp eines bundesweiten Modells zu dienen.

Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) überbrachte die Wünsche des Landtags: „Familien brauchen Gewissheit, dass das Projekt auf Dauer angelegt ist, und die Pflege verlässlich und liebevoll ist.“ Sie sei nicht nur als Landtagspräsidentin und Abgeordnete gekommen, sondern auch als Großmutter eines mehrfach behinderten Kindes. „Ich weiß, was es bedeutet, wenn das Leben von jetzt auf gleich anders ist, und Zukunftsperspektiven und Hoffnungen überdacht werden müssen.“ Daher hoffe sie, dass die Vorstellungen schnell in die Realität umgesetzt werden könnten.

Zahlreiche Unterstützer

Kein Wunder, dass ein solch emotionales Projekt zahlreiche Unterstützer fand. So durfte Landtagsabgeordneter Christian Haardt (CDU) mit Hilfe von Hannah Mohr und Michelle Stiller den Gründungsmitgliedern ihre Urkunden überreichen. Diese, darunter viele Bochumer Geschäftsleute, hatten Beträge ab 5000 Euro gespendet.

In der von Moderator Thomas Gerres angeleiteten Gesprächsrunde sagte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD): „Ich habe mich gefragt: Wieso ist noch niemand vorher auf die Idee gekommen? Ich bin stolz auf unsere Stadt, gute Ideen gehen von Bochum aus.“

Besondere Herausforderungen

Barbara Stiller, Mutter der 19-Jährigen behinderten Michelle, beschrieb den Jonglageakt, den Eltern mit Kindern mit besonderen Herausforderungen machen: „Michelles älterer Bruder Christian musste oft zurückstecken. Wir haben aber immer alles gegeben“. So hätten sie etwa Christian mit Michelle und ihrem Beatmungsgerät zum Fußballplatz oder zur Musikschule gebracht. „Auszeit definiert sich für Eltern wie uns neu“. Sie denke nicht an Sport oder Urlaub, sondern ans Innehalten und daran, neue Prioriäten zu setzen.

>>Stiftung will 2019 die ersten Kinder aufnehmen

In Bochum gibt es momentan mehr als 1000 Kinder und Jugendliche mit teilweise mehrfachen Behinderungen.

In Anbindung an die Universitätskinderklinik wünscht sich die Stiftung einen Standort nahe der Kinderklinik. Die Vorplanung für den Bau des Gebäudes laufen bereits.

2019 sollen die ersten Kinder aufgenommen im künftign Stiftungsgebäude werden können und dann für bis zu drei Wochen von geschultem Fachpersonal versorgt werden. Dafür sind 15 Wohnplätze geplant.

Weitere Informationen dazu lassen sich finden auf:
www.stiftung-auszeit.de