Heiteres aus der Reimküche: Heike Wiezorek begann mit 60 Jahren, Gedichte zu schreiben.Die Bochumerin bevorzugt klassische Lyrik, aber auch Haikus und Limericks

"Schnell geht man hinein, erleichtert tritt man hinaus, mit Lust auf Speisen". Dieses Haiku hat Heike Wiezorek (64) "WC" betitelt.

Die Bochumerin schreibt Gedichte, und die meisten sind von der heiteren, leichten Art. Dabei waren es belastende und harte Umstände, die sie erst spät, im Alter von 60 Jahren, zur Literatur brachten: "Mein Mann und ich, wir haben unsere dementkranken Mütter gepflegt; eine sehr aufreibende Tätigkeit. Ich nutzte damals die Nächte zum schreiben, weil ich dadurch für ein paar Stunden die Probleme vergessen konnte." In dieser Zeit entstanden 40 Haikus und Gedichte. Computerkenntnisse besaß sie damals nicht, eignete sich alles über VHS-Kurse an, genau wie das Rüstzeug zum Schreiben.

Die Sammlung ihrer Gedichte wuchs stetig. Dann verstarben innerhalb des letzten Jahres ihre Mutter und ihr Mann. "Da wurde mir meine Nische besonders wichtig, hier kann ich Kraft schöpfen." So entstanden auch Trauergedichte, aber weiterhin auch viele mit Humor und pointierten Auflösungen. Was außerdem entstand, war ihr erstes Buch: " . . . nur der Maulwurf stört die Pracht: Heiteres aus der Reimküche".

"Im Frühjahr 2006 bat mich ein Cousin, die lose Blattsammlung aufzugeben. Ich folgte seinem Rat. Im Herbst erschien mein erstes Buch, das ich auf der Frankfurter- und Baseler Buchmesse, jeweils am Stand der Frankfurter Verlagsgruppe, vorstellen durfte." Damals, so erinnert sie sich, war sie wahnsinnig aufgeregt. Auch auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wird Heike Wiezorek am kommenden Samstag aus ihren Gedichten lesen.

"Es ist enorm schwer, für Gedichte einen Verlag zu finden." So sandte sie zunächst ein Gedicht ("Vincent van Gogh") ans Literaturbüro NRW als Wettbewerbbeitrag ein. Das Werk war dafür zwar viel zu lang, doch gab ihr einer der Verantwortlichen den Tipp, sich doch mal bei einer Verlagsholding (Frankfurter Nationalbibliothek) zu melden. Die bringen jährliche Gedichtsammlungen zeitgenössischer Künstler heraus; so dick, dass man sich beim Buchlesen abstützen muss. Ihr Büchlein mit 40 Gedichten erschien in einer kleinen Auflage von 250 Stück. Die sind inzwischen verkauft, so dass im Spätherbst die zweite gedruckt wird. Nur der Vertrieb sei schwierig, und so hilft Heike Wiezorek selbst nach, damit ihr Erstlingswerk in Bochumer Buchhandlungen zu finden ist. "Dadurch verdiene ich zwar nichts daran, aber egal." Zudem stehen regelmäßig Lesungen auch im hiesiegn Raum an. Und die Bochumerin hat große Pläne: "Ich möchte die Gedichte aus meinem ersten Band verquicken mit weiteren zu einer größeren Ausgabe, bebildert."

"Heikes Reimküche", so heißt auch Heike Wiezoreks Homepage. Mit Hilfe einer Freundin, Dozentin bei der VHS, hat sie sie vor gut einem halben Jahr eingerichtet und pflegt sie seither selbst. Mit Erfolg, wie das Gästebuch darin ausweist: "Ein Gedicht ist eine der wenigen Aussagen der Menschen in unserer Zeit, die nicht von zielorientierter Eigennützigkeit geprägt ist. Von dieser wahrhaft kostbaren Art sind viele dieser Gedichte. Worte, die nicht sofort vergehen und dennoch amüsieren können - und vor allem von der Quelle aller menschlichen Größe kommen: Vom Herzen (für die Herzen)", schrieb einer hinein.

Ihre Methode ist fast immer gleich: Am Anfang ist das Wort. Daraus ergibt sich dann das Thema sowie die Art des Gedichts: "Ich bevorzuge die klassische Lyrik, mit Kreuz- oder Paarreim", aber auch Haiku, Limerick und Akrostichon, bei dem der Anfang jeder Zeile von oben nach unten den Titel ergibt. Nach wie vor nutzt die rührige Ex-Sekretärin die Nachtstunden für ihre Lyrik. Tagsüber ist sie weitgehend ausgebucht.

Warm läuft sich die Bochumerin im WAZ-Literaturforum: Dort werden im wöchentlichen Wechsel ein paar Wörter vorgegeben, die zu einem Gedicht verschmolzen werden sollen. 78 Beiträge hat sie dort bereits hinterlassen unter dem Pseudonym "Aprilscherz". Entstanden sind dabei etwa solch einfallsreiche Limericks wie das zur Kinderarmut oder zu Hartz IV. "Diese Kniffel-Aufgaben sind für mich wie ein Jungbrunnen; da kann ich üben."

Eine ganz eigene Meinung deutet das Haiku "Zeitung" an: "Will informieren, aktuell, korrekt, doch dann grüßt eine Ente".

www.heikesreimkueche.de