Keramikplakette zeichnet erhaltenswerte Gebäude aus. Haus Spitz mit dem Saalbau veränderte sich über 150 Jahre immer wieder innen wie außen. "Dankeschön" für die Bewahrung des Stadtbildes

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© Wicho Herrmann

Stiepel. "Unser Haus hat an allen vier Seiten eine andere Außenwand", lacht Gustav Hoffstiepel und schaut auf das in der Region bekannte "Haus Spitz" an der Kemnader Straße. "Im Osten besteht es aus Fachwerk, im Süden ist es mit Schiefer verkleidet, im Westen wurde es aus Bruchsteinen errichtet und im Norden hat es eine Ziegelmauer."

Alle Außenmauern sind weitgehend so, wie die Erbauer und auch die späteren Besitzer des Gebäudes es errichtet haben. Das Dach ist jedoch neu. Der Innenraum des Hauses - errichtet irgendwann zwischen 1820 und 1860 - veränderte sich ebenfalls über die Jahrzehnte, so dass das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht.

Anfang März diesen Jahres überreichte allerdings der ehemalige Bezirksvorsteher Stefan Brüggert dem Ehepaar Renate und Gustav Hoffstiepel die Keramikplakette "Erhaltenswert für die Stadt Bochum" als Auszeichnung für das Gebäude. Begangen wurde das mit einem Festakt im Rathaussaal im Beisein von Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz. Architekt Kurt Peter Kremer hatte die Idee dazu und ließ die Plaketten anfertigen. Als beratender Bürger im städtischen Kulturausschuss wollte er damit erreichen, dass die Stadt für die Bewahrung des Stadtbildes durch die alten Häuser den Bürgern "Danke" sagt, die zum Teil über Generationen ihre alten Gebäude ohne öffentliche Förderung erhalten. Kremer: "Diese Häuser zeichnen vom Kötter- bis zum Bürgerhaus neben Repräsentationsgebäuden wie Dorfkirche und Haus Kemnade die Sozialgeschichte in der Region nach und sind damit die Seele der Stadt."

Was das bedeutet, macht die Geschichte von "Haus Spitz" deutlich. Das Gebäude hat in den 150 Jahren viele Veränderungen in der Nutzung erlebt. Die Gaststätte gab es schon im 19. Jahrhundert an der damals viel befahrenen Kemnader Straße zwischen Bochum, Stiepel und Hattingen. Nach dem ersten dem Namen nach bekannten Wirt Gustav Schreier hieß sie "Haus Schreier". Er beköstigte wohl unter anderem Fuhrleute, denn es gibt noch heute einen Stall hinterm Haus (heute Toiletten). "Vor dem 1. Weltkrieg war hier eine Wechselstation für Pferde", erklärt Hoffstiepel dazu. "Einen Kolonialladen und eine Backstube gab es außerdem."

1902 baute die Familie Schreier den bekannten "Saalbau Spitz" an. Die durch die Industrialisierung anwachsende Bevölkerung fand hier unter anderem einen Tanzsaal sowie Versammlungsort. Die örtlichen Vereine nutzten ihn zugleich für Veranstaltungen, beispielsweise zum Boxen. "Hier fanden auch Gottesdienste statt", erklärt Hoffstiepel. Das evangelische Lutherhaus in der Nachbarschaft wurde erst 1930 errichtet.

Schreier verkaufte die Gaststätte 1938 an Heinrich Spitz, einen Onkel der Hoffstiepels. Mit ihm bekam sie damit den Namen "Haus Spitz". Nach dem 2. Weltkrieg wohnten zunächst Flüchtlinge aus dem Osten im Saal. Die Gaststätte blieb. Verschiedene Wirte pachteten sie über die Jahrzehnte. Hoffstiepel: "Die Knappschaft zahlte hier bis etwa 1965 die Rente aus."

Die Familie Hoffstiepel bezog das Anwesen erst nach 1979. Tochter Bettina Hoffstiepel übernahm die Restauration 2002. Unter ihrer Regie kam es zum Ausbau der Veranstaltungen im Saal, der schon seit Jahren von Preziosa sowie von der Volksbühne genutzt wird. So traten kürzlich Esther Münch und Franziska Mense-Moritz auf, Fritz Eckenga kommt am 10. November. Weitere Informationen unter www.haus-spitz.de.