Dirk Ernesti taucht im Internet tief in die Geschichte Ehrenfelds ein.Alte Ansichtskarten, historische Stadtpläne und Herkunft von Straßennamen
Als Dirk Ernesti (47) im Nachlass seines Vaters stöberte, stieß er auf Bücher übers Ehrenfeld. Nun hat er selbst Spaß an Heimatkunde, vor allem aber am Internet. Aus beiden Neigungen erwuchs eine liebevoll gestaltete Präsentation des historischen Ortsteils, vor allem mit Postkarten und alten Fotografien.
Ernesti arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Elektrotechnikern an der FH. Während solche Fachkräfte heute händeringend gesucht werden, war es Anfang der 90er Jahre schwer für Studienabsolventen. Ernesti musste sich mit Jobs über Wasser halten. So gründete er mit zwei Partnern 1996 eine der ersten Bochumer Internet-agenturen, die Gewerbekunden eine Internetpräsenz verkaufte, was damals noch nicht so selbstverständlich für Unternehmen war. "Es war mehr eine Wohnzimmerfirma, von der keiner von uns leben konnte." Nebenbei war jeder von ihnen andersweitig tätig, Ernesti selbst bereits damals an der Hochschule in Teilzeit. Für "Ernesti & Partner" baute der Bochumer die erste Homepage auf, "vieles eignete ich mir autodidaktisch an". Einige Jahre später konzentrierten sich alle Drei auf ihre beruflichen Hauptstandbeine, die kleine Firma wurde in Ehren begraben.
In Ehrenfeld hob dann Dirk Ernesti sein privates Projekt aus der Taufe. Im väterlichen Fundus wurde sein Interesse durch Bändchen des ehemaligen Lehrers Wilhelm Fenselau geweckt, der Ehrenfeld vom Entstehen 1905 bis in die 80er Jahre beschrieb. Ernesti war auf den Geschmack gekommen: "Über Ebay begann ich, nach alten Ansichtskarten zu fahnden, und tatsächlich kam eine Menge zusammen." Darunter seine bislang älteste Karte von 1896, die die Gaststätte "Panzergrotte" zeigt. Einem Kollegen an der FH, der Grumme erforscht, berichtete Ernesti von seinem Hobby, und der riet ihm, der Kortum-Gesellschaft beizutreten.
Dort begegnete ihm ein Nachbar aus Kindheitstagen wieder, Dietmar Bleidick. "Während ich Ehrenfeld visuell aufgearbeitet habe, wusste Bleidick alles zeithistorisch einzuordnen." Spätestens als Ernesti an einem Ehrenfeld-Rundgang teilnah, den Bleidick vüber die VHS zweimal pro Jahr anbietet, war ihm klar: "Der Mann kennt sich aus." Er machte dem Wirtschaftshistoriker den Vorschlag, eine Website einzurichten. Schließlich sollten die alten Postkarten, etwa 200 Stück, nicht in Schubladen vergammeln. "Natürlich muste ich vorher recherchieren, ob's sowas nicht schon gibt." Es war eine Marktlücke.
Die alten Bilder verführen schnell zum Klicken und Suchen, und jeder Bochumer stößt auf interessante und fremde Perspektiven heutiger Straßenzüge, Gebäude oder Plätze. "Viele mailen mir, darunter auch ehemalige Bochumer, dass sie mit den Bildern persönliche Erinnerungen verbinden und sich in ihre Kindheit versetzt fühlen." Als hätten die Leute auf Ernestis Homepage nur gewartet. Andere meinen gar: "Klasse, hätte ich gern mehr davon, über andere Stadtteile."
Bleidick und Ernesti haben unzählige freie Stunden in die Präsentation gesteckt, bieten dem User viel Service, wie etwa einen interaktiven historischen Stadtplan. Alle Ansichtskarten sind thematisch geordnet, dazu gibt's Literaturverzeichnisse, Herkunft von Straßennamen und eine Abhandlung der Geschichte des Stadtteils. "Der Auftritt ist längst nicht fertig; wir sind ständig dabei, ihn zu ergänzen." Dirk Ernesti denkt dabei etwa an Gewerbebetriebe. Wenige heutige Homepages werden ständig so aktualisiert wie die des historischen Ehrenfelds. Weiter als über seinen Heimatbezirk im Stadtteil Wiemelhausen aber will er nicht hinaus, "man muss schon die Kirche im Dorf lassen, schließlich soll es ein Hobby bleiben." Dankbar ist er aber stets für weitere alte Fotos und Postkarten.
historisches-ehrenfeld.de Fotostrecke: www.derwesten.de/bochum