Die "Zunft der kleinen Meister" und das Traditionslokal "Mutter Wittig" werden 100 Jahre alt. Gefeiert wird gemeinsam - 1908 war der Karnevalsclub in der Gaststätte an der Bongardstraße gegründet worden

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Es gibt bestimmte Bochumer Eigenheiten, die machen sozusagen die Seele dieser Stadt aus. Dazu gehörten (früher mal) der Kortländer und dazu gehört auf jeden Fall das Maiabendfest. Vieles ist mit der Zeit untergegangen, manches Traditionsreiche hat aber noch Bestand. So wird am Freitag das Restaurant "Mutter Wittig" 100 Jahre alt. Und der Karnevalsverein "Zunft der kleinen Meister" macht am 2. März ebenfalls die 100 voll. Beide gehören so zwingend zu Bochum wie der Kuhhirte, dessen Denkmal im Mai ebenfalls 100 Jahre auf dem bronzenen Buckel haben wird.

Allerhand Gründe also, um gepflegt zu feiern. Und das tut man denn auch am Freitag, 29. Februar, und zwar gemeinsam. Denn die "Zunft" und "Mutter Wittig", das ist eine ganz alte Liebe. In dem Lokal an der Bongard-/Bleichstraße, das damals noch "Zur Altstadt" hieß, wurde der Karnevalsverein am Rosenmontag 1908 gegründet. Handwerksburschen hatten in ihrer Bierlaune einen Stammtisch gegründet und den in aller Bescheidenheit "Die Zunft der kleinen Meister" genannt. Man verabredete, sich fortan immer am Rosenmontag bei "Mutter Wittig" zu treffen. Unter den Zünftlern war Hermann Hutmacher, der Tischler, damals 32 Jahre jung, später Bestatter und einer der ganz großen, unvergessenen Bochumer Originale. Nachdem Hermann zum Wortführer bestimmt worden war, bestellte er eine Runde Bier und eine Platte mit Wurst und Brötchen. Dies war wahrscheinlich die Geburtsstunde der leckeren Wurstbrötchen, die bis heute bei jeder Zusammenkunft der "Zunft" gereicht werden.

Nach dem Krieg waren es Männer wie Klaus Schläger (heute Ehrenpräsident), Hugo Hackert oder Otto Kneider, die den Zünftlern - Kennzeichen feuerrotes Jackett und Narrenschiffchen - vorstanden. Aktueller Präsident ist Claus Peter Malz, der am Rosenmontag 2008 zur 101. Sitzung im 100. Bestehungsjahr bat. 400 Gäste genossen im närrisch ausstaffierten Humboldtsaal einen wie noch in jedem Jahr top-fitten Karnevalsnachmittag.

"Mutter Wittig" - der Name ist in Bochum und Umgebung seit vier Generationen eine Institution, wenn es um gutbürgerliche Küche mit deutschen, regionalen und jahreszeitlichen Spezialitäten wie Spargel, Muscheln und Gänsen geht. Der Name des gediegenen Restaurants in dem hübsch renovierten Gründerzeitbau geht übrigens auf die Uroma von Inhaber Joachim Heer zurück. "Mutter Wittig" war im alten Bochum als Hebamme und Wirtin der "Altstadt" stadtbekannt. Mit zunehmendem Alter wurde sie rundlicher und fülliger, und die Gäste nannten sie "Mutter". Später wurde daraus "Mutter Wittig". Auch dies eine Geschichte, wie sie nur in Bochum erzählt werden kann.