Die "Schlaraffia Bochumensis", ein ganz besonderer Herrenclub, nimmt sich selbst meist nicht für voll, dafür aber gerne auf die Schippe - und das bereits seit 100 Jahren.
Es soll Leute geben, die bei "Schlaraffia" zuerst an die Matratzen gleichen Namens denken. Es gibt aber auch andere. Und denen fallen bei "Schlaraffia" nicht die Augen zu, vielmehr zaubert ihnen der Begriff ein wissenden Lächeln aufs Gesicht. Das sind die "Schlaraffen", Mitglieder jenes skurrilen Männerbundes ("... ausschließlich Männer in gesicherter Position..."), der sich auf der ganzen Welt, also auch in Bochum trifft. Und das schon länger. Tatsächlich wird die "Schlaraffia Bochumensis" dieser Tage stolze 100 Jahre alt.
"Schlaraffen" sind sowohl selbstbewusste als auch eigentümliche Leute. So pflegen sie ihre eigene Sprache. In der "Winterung" vom 1. Oktober bis 30. April trifft man sich einmal pro Woche in der "Schlaraffenburg" (im Bochumer Fall: die Gesellschaft Harmonie) zu den "Sippungen". So heißen die Zusammenkünfte, die in Form eines Ritter-Rollenspiels mit zeremoniellen Regeln abgehalten werden. Barretts, Helme und Rüstungen in den festgelegten "Reychsfarben" dürfen dabei nicht fehlen. Und: Die Akteure tragen wie vom Himmel gefallene Namen, eine der wichtigsten Eigentümlichkeiten. "Mit dem Mantel geben wir unsere Alltagspersönlichkeit an der Garderobe ab", sagt Siegfried Zeppenfeld, Bochums "Oberschlaraffe", vulgo: Präsident. Er selbst firmiert als "Don Attacko"; mit von der humorigen Partie sind dann z.B. "Ritter Malmawatt", "Ritter Fragal, der schnieke Viel-Lu" und wie sie sonst heißen mögen. 45 Mitglieder hat die Bochumer Schlaraffia, und keine Nachwuchssorgen. "Im Wesentlichen durch persönliche Beziehungen", sagt Zeppenfeld, frische sich das schlaraffische Blut immer wieder auf. Aber natürlich muss man als Mann auch dafür gemacht sein.
Denn die Schlaraffen, die in Familie & Beruf sämtlich als seriöse Herren daherkommen, sie sind in ihrer phantastischen Welt Schelme reinsten Wassers. Während der Sippung delektiert man sich an teils hochgeistig-witzigen Persiflagen auf den Alltag, aber auch an selbstgestrickten Vorträgen, beispielsweise über Shakespeare oder Wilhelm Busch. Man singt auch gerne zusammen oder bringt in literarisch-musikalischer Form - "Fechsungen" genannt - Künstlerisches auf die Bühne. Eine antiquierte Sprache mit eigenen Ausdrücken, das Schlaraffenlatein, gibt den Sippungen die besondere Note. So werden besonders schön gelungene Fechsungen gern mit lauten "Lu Lu! Lu Lu!"-Rufen gunstbezeugt. "Politik, Beruf und Religion sind tabu, ansonsten kommt bei uns alles vor", sagt Don Attacko. Abgesehen von Frauen, versteht sich. Es ist halt ein Männerbund. Aber dafür nimmt der sich auch gern selbst auf die Schippe. Dem Uhu sei Dank!