Vor einem Jahr hat sich Henning Rolf typisieren lassen, jetzt kann er mit seiner Stammzellenspende vielleicht das Leben eines siebenjährigen Jungen aus Polen retten
Henning Rolf ist in letzter Zeit einige Male beim Arzt gewesen. Er musste sich selbst Spritzen geben und dann noch zwei Mal ins Krankenhaus. Es klingt jetzt komisch, aber der 32-Jährige ist kerngesund. Er hat das gemacht, weil ein anderer krank ist: ein siebenjähriger Junge aus Polen. In Henning Rolf steckt so viel Leben, dass es möglicherweise für zwei reichen könnte. Der Bochumer hat Stammzellen gespendet. Er hat sich vor einem Jahr typisieren lassen, kürzlich bekam er die Nachricht, dass er ein genetischer Zwilling des Jungen in Polen ist. Heißt: Mit der Spende aus Rolfs Körper kann vielleicht das Leben des schwer kranken Kindes gerettet werden.
"Nervös war ich schon, als ich die Anfrage von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei bekommen habe, ob ich bereits wäre, zu spenden", sagt der Bochumer. Die Typisierung vor einem Jahr sei ein leichter Schritt gewesen, "man macht das aus Solidarität". Damals gab es eine große Typisierungsaktion am Dortmunder Gymnasium, an dem Henning Rolf als Referendar (Deutsch/Erdkunde) arbeitet. Eine Schülerin war an Leukämie erkrankt, "die Hilfsbereitschaft war enorm". Knapp 2 000 Menschen sind damals in Dortmund neu in die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) aufgenommen worden, einer von ihnen war der Bochumer. Für das Mädchen wurde dabei kein passender Spender gefunden, es bekam eine Spende von seiner Mutter und ist inzwischen so fit, dass es wieder die Schule besuchen kann.
"Jeder, der sich typisieren lässt, wird in die Datenbank aufgenommen, auf die bei Leukämiefällen weltweit zurückgegriffen wird", sagt Henning Rolf, der sich mit dem Thema Blutkrebs inzwischen gut auskennt. Laut DKMS liegt die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, zwischen 1:20 000 und 1:mehreren Millionen.
Für den Bochumer war schnell klar, dass er dem Jungen aus Polen helfen möchte. Um sich auf die Stammzellenspende vorzubereiten, wurde er untersucht, musste sich - wie gesagt - selbst Spritzen geben ("War auszuhalten") und ging zur Spende in ein Krankenhaus in Hameln. "Für vier Stunden wurde ich an ein Gerät angeschlossen, ähnlich wie bei einer Dialyse, und es wurden weiße Blutkörperchen gefiltert." In Windeseile - es geht ja um Leben und Tod - wurde das Blut nach Polen gebracht. "Alles anonym, mehr als das Alter des Kindes weiß ich nicht", sagt Rolf. Erst in zwei Jahren könnte ein Kontakt vermittelt werden. Ist das nicht schade? "Auch wenn der Dank unausgesprochen bleibt, so ist er doch gegenwärtig."