Mit einem selbst entwickelten Wasserstoff-Modellauto sind drei junge Bochumer Ingenieure bei der Fachmesse Automechanika ins Rennen gegangen. 300 Arbeitsstunden und ein großer Crash

Vier Kilo wiegt ihr
Vier Kilo wiegt ihr "Baby": Markus Lingemann, Jörg Brennecke und Michael Dietrich mit ihrem Wasserstoff-Flitzer. Foto: WAZ, M. Korte © WAZ

Tuut, tuut war gestern. Heute ist brumm, brumm. Also Männer: Nehmt euch ein Beispiel an drei jungen Ingenieuren aus Bochum, die beim Gedanken an Modelleisenbahnen allenfalls ins Gähnen kommen. Sie steuern lieber Fortschrittlicheres durch die Landschaft: ein selbst entwickeltes Hybrid-Modellauto, das mit Wasserstoff angetrieben wird.

Okay, reif für den Serienbau ist das kleine Wunderding noch nicht. Zurzeit wartet es in der Privatwerkstatt von Markus Lingemann, einem der drei Ingenieure, auf seine Reparatur. Bei einem Crash, einem Unfall ausgerechnet bei der ersten Wettfahrt auf der Messe Automechanika in Frankfurt, ist es passiert: Nach einem Stopp in der Boxengasse ist ein unbefugter Zuschauer vor den Flitzer gelatscht. Dabei lag das Auto bis dahin so gut im Rennen. . .

Markus Lingemann (38), Jörg Brennecke (42) und Michael Dietrich (42) sind trotzdem erhobenen Hauptes aus Frankfurt zurückgekehrt. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 26,5 km/h gehörte ihr Autochen immerhin zu den Schnellsten. Die rund 300 Arbeitsstunden, viele von harten Rückschlägen und verzweifelter Suche in längst verloren geglaubten Formel-Heften gekennzeichnet, haben sich gelohnt: "Wir haben unser Ziel erreicht und ein fahrbereites Auto selbst entwickelt und zusammengeschraubt", sagt Jörg Brennecke.

Ihr Freund Dirk Wagener (40) hatte das Dreierteam auserkoren und zum Mitmachen bewegt. Er arbeitet als Redakteur bei Concedra, einer Firma, die die Internetseite "Think Ing." erstellt - das ist eine Plattform für junge Ingenieure, hinter der der Arbeitgeberverband Gesamtmetall steckt. "Mit dem Wettbewerb für Wasserstoff-Modellautos sollen junge Leute zu einem Ingenieur-Studium motiviert werden", sagt Dirk Wagener.

Nach wenigen warmen Worten und mehreren kalten Bierchen waren die drei fertig ausgebildeten Ingenieure von der Idee angetan - und bewegten sich zielstrebig in Richtung Werkstatt. Der Beginn eines großen Geduldsspiels. Jetzt konzentrierten sie sich für drei Monate nur noch auf den "Autofokus". "Das größte Problem war die winzige Brennstoffzelle, die kostet 4 500 Euro", sagt Michael Dietrich. Doch das flotte Team ist nicht nur technisch begabt, sondern auch nicht gerade auf den Mund gefallen, es fand schnell Sponsoren. Noch heute stehen die Männer regelmäßig begeistert vor ihrer Entwicklung: Die Lenkung besteht aus einer Fahrradspeiche, die Karosserie ist aus Pappmache , dazwischen tummeln sich Drähte und Schrauben und mittendrin die Herzstücke: die Brennstoffzelle und die 12-Liter-Wasserstoffpatrone.

"Am schlimmsten war die Nacht vor dem Rennen in Frankfurt. Da haben wir bis halb zwei geschraubt, weil plötzlich nichts mehr lief", sagt Markus Lingemann. An dieser Stelle begann er durchzustarten und hat diese Dynamik mit ins Rennen genommen - "Er hatte die Fernlenkung übernommen, wegen seiner Liebe zum Tempo", sagt Dirk Wagener. Vielleicht, so spekulieren die Bochumer jetzt, hätte er nicht direkt voll durchziehen sollen: "Die Brennstoffzelle darf nicht gleich am Anfang so viel verbrauchen, sonst geht sie aus", sagt Michael Dietrich.

Ob die Ingenieure mit ihrem unglaublichen Wumms womöglich bloß dem einzigen Mädchenteam im Feld imponieren wollten, darüber kann nur spekuliert werden.

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