Bochum. Ausnahme-Pianistin Elisabeth Leonskaja gastierte mit den Bochumer Symphonikern im Audi-Max. Zwischen zart und markant deutete sie Tschaikowskys eher selten gespieltes Klavierkonzert Nr. 2.
Italien: Das war im 18. und 19. Jahrhundert der Inbegriff der ästhetischen Bildungsreise. Besonders Kunstschaffende aller Genres zog es in den Süden, um die Sinne zu bilden und zu verfeinern.
Auch der russische Komponist Peter Tschaikowsky reiste im Winter 1879/80 nach Rom. Angeregt durch italienische Volksweisen komponierte er das „Cappricio italien” für großes Orchester.
Damit gestalteten die Bochumer Symphoniker am Donnerstagabend ihren Konzertauftakt im Audi-Max (Ruhr-Uni). Präzise und exakt im Zusammenspiel, mit bewundernswerter Intonation in Holz und Blech – und mit einer Interpretation voller Esprit begrüßte das Orchester das Publikum.
Ein Sahnehäubchen
Am Dirigentenpult war der französisch-kanadische Dirigent Yves Abel zu erleben. Ein großes Hörvergnügen war es, wie er hier ein Sahnehäubchen und dort ein i-Tüpfelchen zu setzten verstand. Und er ist ein guter Akustiker, der es glänzend versteht, die Akzente und Pausen im Audi-Max so zu setzen und zu halten, dass der Klang transparent bleibt.
Das bewies er auch mit der folgenden Rapsodie Espagnole von Maurice Ravel. Dem zarten, impressionistischen „Prélude à la nuit” folgen die Tanzsätze „Malguena” und „Habanera”, um mit „Feria” in einer ausgelassenen Jahrmarktsstimmung zu münden. Da werden dann ungeheure Orchesterklangmassen bewegt. Den Symphonikern gelang ein geradezu pointilistisches Klangbild.
Und das war ja erst der Anfang: In der zweiten Konzerthälfte war schließlich die große Pianistin Elisabeth Leonskaja zu Gast. Die 1945 in Tiflis geborene und seit 1978 in Wien lebende Künstlerin ist eine der letzten Vertreterinnen der großen russischen Klavierschulen.
Ungeheurer Reiz
Auf dem Programm stand das „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 in G-Dur” von Peter Tschaikowsky. Nach wie vor ist es viel seltener als das berühmte Klavierkonzert Nr. 1 in b-Moll zu hören. Dazu geführt haben einige kompositorische Besonderheiten dieses Konzerts, die zugleich aber auch einen ungeheuren musikalischen Reiz haben – wie etwa die gleich zwei Solokadenzen des Klaviers im ersten Satz.
Das Spiel Leonskajas war ausgesprochen organisch, als läge das Stück ihr ureigen in den Händen. Ihr Körpereinsatz war sehr zurückhaltend. So schien es um so zauberhafter, wie sich all die Ausdrucksstärken zwischen zart und markant, leise und laut, lyrisch und dramatisch allein durch ihre Hände aus dem Flügel entfalteten.
Traumhafte Soli
Der zweite Satz des Konzerts dann stellt nicht die Solistin allein auf die Bühne, sondern Tschaikowsky hat hier traumhafte Soli für Violine und Cello komponiert. Die Konzertmeisterin Cordula Mercks und der Cellist Wolfgang Sellner begeisterten das Publikum mit einem zutiefst intensiven musikalischen Dialog. Der tänzerische, sehr virtuose Schlusssatz des Klavierkonzerts beschloss den genussreichen Abend. Und den Schluss davon gab es dann noch einmal als Zugabe: Mit „Standing Ovations” verabschiedeten die Besucher diese herausragende Künstlerin.
Ausblick
Anbei bemerkt: Das nächste Symphoniekonzert findet statt am Donnerstag und Freitag, 29. und 30. Januar, 20 Uhr, ebenfalls im Audi-Max. GMD Steven Sloane führt das Orchester dann mit Werke von Brahms und Nørård. Beim Tischgespräch um 19 Uhr sprechen Gunda Nitardy und Eberhard Dickmann vom Philharmonischen Chor sowie Ursula Kunz-Menke vom WDR-Rundfunkchor über das Thema „Chorsingen als Hobby und Beruf”.