Peter Brook hat Samuel Becketts Klassiker „Glückliche Tage” vor fünf Jahren in Basel inszeniert. Als Gastspiel kam diese Aufführung nun ans Prinz-Regent-Theater - mit zwei bemerkenswerten Darstellern.

Was braucht es für Theater? Die Inszenierung von Samuel Becketts „Glückliche Tage” durch Peter Brook kommt jedenfalls höchst minimalistisch daher. Im Prinz-Regent-Theater war jetzt die experimentelle Probenfassung zu sehen: darin die fantastische Miriam Goldschmidt als Winnie und Wolfgang Kroke als Willie.

Quasi als Nebenprodukt der Baseler Inszenierung von 2003 kam diese „Rehearsal Version” zustande. Ein Tisch reicht den beiden Darstellern, ein, zwei Beleuchtungsstimmungen, eine überaus schrille Klingel – und fertig ist eine atmosphärische Version des 1963 in New York uraufgeführten Theaterklassikers.

Goldschmidt trägt einen an die späte Tina Turner gemahnenden blonden Haaraufbau und wird von Kroke hereingeführt und am Tisch platziert. Hier begrüßt sie den Tag optimistisch: „Was macht das schon, sage ich immer, es wird ein glücklicher Tag gewesen sein ... trotz allem wieder ein glücklicher Tag.”

Man hat viele Interpretationen dieser Figur gesehen, als melancholische Intellektuelle oder als Klageweib etwa. Goldschmidts Winnie dagegen changiert recht lebensnah zwischen kindlicher Freude, bewahrtem Staunen und fatalistischer Gelassenheit. Der Kunst der Darstellerin ist es zu verdanken, dass sich dahinter immer wieder jener Beckett-typische existentielle Abgrund auftut. Oft gelingt ihr dieser Stimmungswechsel in einem ersterbenden Lachen.

Krokes Willie ist ebenbürtig. Ein stolzer und störrischer Fels, den das Alter etwas steif und unsportlich gemacht hat, der dies aber durch Würde ausgleicht. Einen Sinn finden die beiden nicht in ihrer Existenz, auch Liebe sieht anders aus, dennoch erschaffen sie Momente der Freude, zumeist aus Erinnerungen, vielmals aus Hoffnungen. Nur die Gegenwart, die ist trostlos. Noch trostloser wird diese im zweiten Akt, wenn Winnie in der Textvorlage bis auf den Kopf im Erdreich eingegraben ist.

Hier sitzt sie einfach tiefer am Tisch, Hände und Körper bewegungsunfähig unterhalb der Tischplatte. Nur mit Stimme, Mimik und Blick gelingt Goldschmidt fortan die Vollendung eines vielschichtigen Porträts. Die Versinnbildlichung einer stereotypen Figur der Moderne einerseits und gleichwohl eine fast realistische biografische Skizze zusammengesetzt aus Erinnerungsfragmenten.

Ein zu Recht heftig beklatschtes, ausverkauftes Gastspiel. Dessen einzige formale Ungereimtheit – die Benutzung einer Pistole als Requisit im Gegensatz zu Kamm, Hut und Brille – ist womöglich eine kalkulierte Inkonsequenz. Solch ein unmittelbar wirkendes materielles „Realitätsprinzip” auf der Bühne: darauf will und kann auch ein Theatermagier wie Peter Brook nicht verzichten.