Der legendäre Theaterkenner und Kulturjounalist starb am Mittwoch, 7. Januar, im Alter von 95 Jahren.
Im August vergangenen Jahres ist er 95 Jahre alt geworden. Wie gern hätte er die 100 erreicht. Es war ihm nicht vergönnt. Kurt Dörnemann, Bochums legendärer Theaterkenner, ist am Mittwochnachmittag, 7. Januar, gestorben.
Der Vorhang hat sich - und dieses eine Mal sei das nicht ganz taufrische Bild erlaubt - für ihn für immer geschlossen. Hermann Beil, prominenter Dramaturg bei Claus Peymann, hatte einmal vorgeschlagen, nach Kurt Dörnemann eine Straße oder einen Platz zu benennen. Nun wäre der Zeitpunkt, darüber noch einmal nachzudenken.
In Witten geboren
Kurt Dörnemann kam 1913 in Witten zur Welt. Nach dem Abitur und einem Zeitungsvolontariat war er Kulturredakteur, freier Journalist, Mitarbeiter verschiedener Zeitungen (u.a. der WAZ) und des Rundfunks sowie Theater- und Kunstkritiker. Mag er in diesen Funktionen auch aus kulturellen Zentren allüberall im Lande berichtet haben, im Fokus stand für ihn von jeher das Schauspielhaus Bochum - und hier besonders die jahrzehntelangen Intendanzen von Saladin Schmitt (1919 bis 1949) und Hans Schalla (1949 bis 1972). Wenn die Rede auf diese beiden Theaterleiter kam, dann konnte sich Kurt Dörnemann kaum bremsen, um nicht Anekdote an Anekdote zu reihen.
Schmitt und Schalla
Die Bemühungen Schmitts um die Vermittlung des klassischen Kanons, Schallas Neubeginn nach einem von den Nazis pervertierten Kunstbegriff: das alles hat Kurt Dörne-mann publizistisch begleitet und die Zeugnisse akribisch gesammelt. Liesel Alex, Horst Caspar - wer kennt noch diese Theaterstars? Kurt Dörne-mann ist stets daran gelegen gewesen, dass diese Heroen vergangener Tage nicht gänzlich dem Vergessen anheimfallen.
Unruhige Jahre
Auch die unruhigen Jahre des Schauspielhauses unter Peter Zadeks Leitung, die „goldene Ära” mit Claus Peymann und die grüblerische Zeit unter Frank-Patrick Steckel hat Kurt Dörnemann in seiner Sammlung dokumentiert. Und auch die nachfolgenden Intendanten beobachtete er - zumeist mit Wohlwollen. Im Jahre 1987 schenkte Kurt Dörnemann seine Theatersammlung der Ruhr-Universität, damit auch nachfolgende Generationen von den Leistungen der Altvorderen im Schauspielhaus erfahren.
Über 3000 Fotografien
Aus dem reichen Bilderfundus (3000 Fotos, meist Szenendarstellungen) hat Kurt Dörnemann zahlreiche Ausstellungen gefiltert; so zu den Themen „Saladin Schmitt der Theatergründer” im Schauspielhaus Bochum 1983 oder „Shakespeare an der Ruhr” in Weimar 1993. 1989 erhielt Kurt Dörnemann den Ehrenring der Stadt Bochum, 2004 das Bundesverdienstkreuz. In den letzten Jahren war es stiller geworden um Kurt Dörnemann, doch wer noch kurz vor seinem 85. Geburtstag seine quicklebendige Stimme am Telefon hörte, der glaubte, die Zeit wäre stehen geblieben. Und noch im Juni vergangenen Jahres hatte Kurt Dörnemann bei einer Lesung in der Buchhandlung Napp sein Publikum beeindruckt.
Persönliche Erinnerung
Eine kleine persönliche Erinnerung zum Schluss: Mit welcher Vehemenz Kurt Dörnemann sein Wissen - und auch seinen Fundus - an die Nachgeborenen weitergegeben hat, erlebte auch ich selbst - nunmehr schon vor geraumer Zeit. Ich war bei Kurt Dörnemann zu Besuch, um irgendeine Story über das Schauspielhaus zu recherchieren. Nach diesem Gespräch stand Kurt Dörnemann auf, ging in den Nebenraum und kam mit einigen Büchern in der Hand zurück: u.a. die Dramen und die Prosa von Ernst Barlach.
Bücher als Geschenk
Er bot mir die Bücher als Geschenk an. Als ich erstaunt nach dem Grund fragte, antwortete Kurt Dörnemann: Er würde hin und wieder Bücher aus der eigenen Bibliothek, die ihm wichtig seien, an Menschen weitergeben, „von denen ich weiß, dass sie die Bücher in Ehren halten.” - Ich hoffe und glaube, dass ich einer von jenen bin, die sich dieser Aufmerksamkeit als würdig erwiesen haben.