Im Stadtentwicklungsausschuss sprach sich die rotgrüne Mehrheit gegen den Neubau an der JVA Krümmede aus, auch um damit den Abriss von 68 Dienstwohnungen zu verhindern und aus Sorge um die Stadtentwicklung

Erwartungsgemäß hat sich der Stadtentwicklungsausschuss gegen den Bau einer sozialtherapeutischen Anstalt für Sexual- und Gewaltstraftäter neben der Justizvollzugsanstalt "Krümmede" ausgesprochen. Damit würden Bemühungen zunichte gemacht, den "wichtigen Veranstaltungsbereich" an der Castroper Straße aufzuwerten, quasi als "Tor zur Innenstadt". So ein Passus aus dem Dringlichkeitsantrag von SPD und Grünen, der mehrheitlich Zustimmung fand.

Der erst am 15. Juli bekannt gewordene Plan, die Anstalt umgehend zu errichten und dafür 68 JVA-Dienstwohnungen abzureißen, hatte die Politiker alarmiert. Wegen der Sondersitzung hatten einige, wie etwa der Vorsitzende Heinz Hossiep, ihren Urlaub abgebrochen.

Dr. Benjamin Limbach vom Liegenschaftsreferat des Justizministeriums hatte da kein leichtes Spiel, zumal einige Dutzend JVA-Beamte als Zuhörer an der Sondersitzung teilnahmen und ihn grimmig musterten. "Es gibt noch keine Pläne" für den Anstaltsstandort an der Krümmede, sagte er, was Unglauben auslöste. Und: Man habe verschiedene Standorte auch in Essen, Dortmund, Hagen und Gelsenkirchen geprüft. Die Prämissen für die neue Anstalt seien "Finanzneutralität und deutliche Verbesserung".

Weil anderswo die beengte Innenstadtlage oder der Landschaftsschutz ein Hindernis für das Projekt seien, wäre der Bochumer Standort ins Rennen gekommen. Dort nämlich könne die Anstalt mit 80 Plätzen für Sextäter direkt an die JV Krümmede angebunden werden und von deren Einrichtungen wie Küche, Sportplatz und Werkstätten profitieren. Auch der Bauplatz sei günstig, weil das Grundstück dem Land gehöre. Dass dafür 68 Dienstwohnungen abgerissen werden müssten, bedauerte Limbach, wies aber darauf hin, dass dafür 80 Arbeitsplätze von Gelsenkirchen nach Bochum kommen würden.

All dies sei der Stadt und auch den JVA-Mitarbeitern in einem sehr frühen Planungsstadium mitgeteilt worden. Erst im Sommer sei die Vorlage für die "Hausspitze" im Justizministerium erarbeitet worden. Zur Zeit gebe es jedoch "noch kein Raumprogramm und keine Pläne". Die Suche nach dem Standort sei erfolgt, weil die sozialtherapeutische Anstalt Gelsenkirchen mit 57 Haftplätzen in schlechtem Zustand sei. Es sind die Räume des früheren Gerichtsgefängnisses, Baujahr 1902.

Der Verdacht, in Bochum solle die neue Anstalt erst 80 Haftplätze haben, später aber Zug um Zug auf über 200 Plätze erweitert werden und damit den Bedarf für ganz NRW decken, wies Limbach und sein Kollege Volker Peters von der Vollzugsabteilung des Justizministeriums zurück.

Die Nachteile für Bochum sind gravierend, kritisierte u.a. Martina Schmück-Glock (SPD) die Anstaltspläne. "Nicht akzeptabel" sei der Umgang mit den betroffenen Mietern, es drohe die Vernichtung gewachsender Strukturen. JVA-Beamter Rolf Lensing appellierte eindringlich an die Ministerialen, das Schicksal von 160 Menschen nicht zu ignorieren: "Ich bitte Sie inständig: Helfen Sie uns."